Full text: Jahreshefte des Vereins für Vaterländische Naturkunde in Württemberg : zugl. Jahrbuch d. Staatlichen Museums für Naturkunde in Stuttgart (Bd. 66, 1910)

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ristisch geschmeckt werden, so daß wir z. B. Salz als Salz erkennen. 
Auch die Stellen, mit denen die Zunge wesentlich schmeckt, wurden 
festgestellt: und dabei gefunden, daß die von pilzförmigen und 
umwallten Papillen freie Zungenmitte, wie andere ähnlich gebaute 
Schleimhautstellen so gut wie gar nicht schmecken, während die Ab- 
schnitte der Zunge, welche pilzförmige oder umwallte Papillen tragen, 
wie ihre Spitze, ihre: Ränder und ihr Grund gut schmecken. Der Ge- 
schmack ist an die genannten flachen, weichen Papillen gebunden. 
Mit den spitzen, harten Papillen hat der Geschmack nichts zu tun. 
Es kam das Jahr 1870 und mit ihm der Krieg gegen Frank- 
reich, an welchem sich CAmErErR als Stabsarzt beteiligte und als 
Leiter eines Feldspitals vorzügliche Dienste leistete, für die er mit 
Verleihung des Ritterkreuzes 1. Klasse des Friedrichsordens aus- 
gezeichnet wurde. Nach Beendigung des Krieges siedelte er 1873 
nach Langenau über, wurde 1876 Oberamtsarzt in Riedlingen und 
ließ sich 1883 auf das Physikat in Urach versetzen, woselbst er 
fortan in einfacher, aber glücklicher Häuslichkeit in einem hübschen 
Häuschen (er hatte sich 1867 mit einer Tochter des Rektors am 
Stuttgarter Polytechnikum GuGLER verheiratet) sein weiteres Leben 
zubrachte, so daß er für uns alle „CAMErErR aus Urach“ ist. 
Abgesehen von verschiedenen Arbeiten aus dem Gebiete der 
praktischen Medizin. wie über die Behandlung des Typhus, speziell 
in der Kaserne in Meaux (1870/71), über die Gicht und den Gelenk- 
rheumatismus beginnen jetzt seine Arbeiten, durch die er weltbekannt 
geworden ist, weil er der Wissenschaft ganz neue Gebiete erschloß : 
seine Arbeiten über den Stoffwechsel, insonderheit den Stoff- 
wechsel des Kindes. Es ist hier nicht der Ort, näher auf die über- 
aus zahlreichen und gediegenen Arbeiten einzugehen, welche er über 
diesen Gegenstand veröffentlichte. Aber eines muß’auch hier hervor- 
gehoben werden. Alle diese Arbeiten waren unendlich mühevoll, weil 
es sich um genaue Stoffwechselversuche und um Stoffwechselversuche 
an Kindern, z. T. an Säuglingen handelte. Da die Art und Menge 
des Genossenen und Ausgeschiedenen genau zu bestimmen war, wie 
jeder auch Nichtmediziner einsieht, eine Arbeit, welche eben so viel 
peinliche Sorgfalt, wie. ausdauernde Geduld und Sachkenntnis er- 
forderte. Hierzu kam, daß er alle diese schwierigen Analysen in 
seiner kleinen „Hexenküche“ in Urach ausführte, die zwar Wasser- 
leitung, aber kein Gas hatte. Wacker standen ihm die weiblichen 
Mitglieder seiner Familie bei diesen Untersuchungen bei. In ihrer 
Jugend waren einige von ihnen selbst die Versuchsobjekte.
	        
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