Full text: Jahreshefte des Vereins für Vaterländische Naturkunde in Württemberg : zugl. Jahrbuch d. Staatlichen Museums für Naturkunde in Stuttgart (Bd. 66, 1910)

—. XLIX 
deutlich harntreibende Wirkung aus, An dieser Erscheinung ist auch 
der Kkohlensaure Kalk beteiligt, welcher im übrigen die Eigenschaft 
besitzt, bei übermäßiger Säurebildung im Magen eine säuretilgende 
Wirkung auszuüben, An dieser Stelle möchte ich auch erwähnen, daß 
durch die exakten Experimentaluntersuchungen von BERGELL und BICKEL 
nachgewiesen worden ist, daß durch die in den Mineralwässern ent- 
haltene Radiumemanation eine charakteristische steigernde Einwirkung 
auf die verdauende Kraft des Magensafts ausgeübt wird und daß auch 
die Fermente der Bauchspeicheldrüse in demselben Sinne nachweisbar 
beeinflußt werden. Diese an Tierexperimenten gewonnene Erfahrung 
bringt uns eine gewisse Erklärung dafür, weshalb an manchen Kur- 
orten Mineralbrunnen, welche fast völlig den gleichen Gehalt an festen 
Bestandteilen haben, von den Kurgebrauchenden seit langer Zeit als 
verschieden in ihrer Wirkungsweise betrachtet wurden. Ich erinnere 
nur an den Elisabethenkrrunnen und Landgrafenbrunnen in Homburg. 
Beide haben fast vollkommen den gleichen Kochsalz- und Kohlensäure- 
gehalt, dabei hat aber der Landgrafenbrunnen nach MAcıHsz nur 1,0, der 
Elisabethenbrunnen dagegen 8,0 Einheiten. Der letztere hat sich rein 
empirisch, bevor man von Radium etwas wußte, als der heilkräftigere 
erwiesen und wird daher fast ausschließlich benützt. ) 
Über die verschiedenen Formen von Magenerkrankungen, welche 
hier behandelt werden, möchte ich nun nicht im einzelnen sprechen. Ich 
wende mich gleich den Darmstörungen zu und erwähne als ganz besonders 
wichtige Indikation der Karlsquelle die habituelle Obstipation 
oder gewohnheitsmäßige Darmträgheit. Die Wirksamkeit der Quelle 
bei dieser Anomalie ist insbesondere ihrem beträchtlichen Gehalt an 
Glauber- und Bittersalz zuzuschreiben. Ein Blick auf die Tabelle zeigt 
Ihnen die Verwandtschaft der Mergentheimer Karlsquelle mit den glauber- 
salzhaltigen böhmischen Quellen, besonders mit dem Marienbader Kreuz- 
brunnen und mit der Tarasper Luciusquelle. Zwar übertrifft der Marien- 
bader Kreuzbrunnen die hiesige Quelle an Glaubersalzgehalt, es fehlt 
ihm jedoch ebenso wie den Karlsbader und Tarasper Quellen das dem 
Glaubersalz in der Wirkung fast identische Bittersalz. Wenn wir 
diese beiden Salze auf ihrem Wege durch den menschlichen Körper 
verfolgen, so ist zu konstatieren, daß ihre Hauptwirkung sich im Darm 
abspielt. Aus physiologischen Gründen wird bei Anwesenheit dieser 
Salze die Darmwand veranlaßt, Gewebsflüssigkeit in den Darm hinein 
abzuscheiden, Der Darminhalt erhält hierdurch eine weichere Konsistenz 
und infolge der Vermehrung des Volumens wird der ganze Darmkanal 
zu lebhafteren peristaltischen Bewegungen angeregt. Bei diesen Vor- 
gängen spielen auch die Kohlensäure und der kalte Temperaturgrad der 
Quelle eine unterstützende Rolle. Man kann ohne Übertreibung sagen, 
daß die Mergentheimer Karlsquelle ein sicher und milde wirkendes 
Laxativum, ein Purgiermittel ersten Ranges ist. Außer der gewöhn- 
lichen chronischen Obstipation werden durch die hiesige Kur auch die 
nach Blinddarmentzündung zurückbleibenden Darmstörungen sehr günstig 
beeinflußt, ferner die Hämorrhoidalbeschwerden usw. Aber nicht nur 
auf die Funktion des ganzen Magendarmkanals erstreckt sich die Wirkung 
Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1910. 7
	        
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