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die Verschiebung des Netzhautbildes beträgt 1,5 Tausendstelmillimeter.
Nun weiß man aber, daß von normalen Augen zwei Punkte gerade noch
als getrennt wahrgenommen werden, wenn ihre Entfernung einem Seh-
winkel von etwa 50 Sekunden entspricht.
Man kann demnach eine Bewegung wahrnehmen, die
sich zwischen zwei Punkten abspielt, die so nahe bei-
sammenliegen, daß sienichtalsgetrennterkannt werden
können.
Zur Erklärung dieser Erscheinung muß man sich vergegenwärtigen,
daß die Netzhaut ein Mosaik. von lichtempfindlichen Elementen dar-
stellt, den Stäbchen und Zapfen. An der Stelle des deutlichsten Sehens
befinden sich nur Zapfen. Dieselben besitzen dort nach anatomischen
Messungen einen Durchmesser von etwa */1000 mm. Jedes dieser Netz-
hautelemente bedingt, durch einen Lichtstrahl gereizt, die Empfindung
eines Lichtpunktes. Sollen zwei leuchtende Punkte als getrennt wahr-
genommen werden, dann müssen sie sich so auf der Netzhaut abbilden,
daß mindestens ein Element zwischen ihnen liegen bleibt. Denn
würden zwei zusammenstoßende Elemente gereizt, so hätte man den
Eindruck einer kurzen Linie resp. eines Punktes. Es ist ganz so, wie
wenn ein Künstler auf einem Mosaik zwei getrennte weiße Punkte auf
schwarzem Grunde darstellen will, dann muß er zwischen die beiden
weißen Steinchen mindestens ein schwarzes einfügen; andernfalls gibt
das Bild einen kurzen weißen Strich wieder, aber nicht zwei Punkte.
Damit also zwei Punkte bei Fixation als getrennt gesehen werden,
müssen sie mindestens um eine Zapfenbreite d. h. %/1000 mm vonein-
ander entfernt sein. Eine Bewegung dagegen wird erkannt, sobald die
Verschiebung so groß ist, daß ein neues Netzhautelement resp. eine
Reihe solcher erregt wird. Dieses ist aber der Fall bei der Verschiebung
des Netzhautbildes um eine halbe Zapfenbreite d. h. 1,5 Tausendstel-
millimeter. Als interessante Nebenerscheinung wurde erwähnt, daß die
kleinen Bewegungen gewöhnlich erheblich überschätzt werden.
Basler.
Ferner sprach Dr. R. Lang-Tübingen über: Landschaftsbild
und Klima zur Buntsandstein- und Keuperzeit in Schwaben.
Geologische Landschaftsbilder der Triaszeit haben nur für einen
bestimmten Landstrich Gültigkeit, weil Landschaft und Klima damals,
ähnlich wie heute, in verschiedenen Gegenden wechselte. Es müßte,
da auch innerhalb einer geologischen Formation der geologische Charakter
sich oft mannigfach änderte, eigentlich für jede Stufe, die eine besondere
petrographische Ausbildung oder eine von der vorhergehenden ab-
weichende Fossilführung aufweist, ein besonderes Landschaftsbild kon-
struiert werden; aber es sind oft zu wenige Einzelheiten, sicher fest-
gestellt , als daß die wenigen Striche, die wir mit gutem Gewissen
zeichnen könnten, genügten, um ein befriedigendes Landschaftsbild zu
erzeugen. Buntsandstein und Keuper sind einander in vielen Zügen
verwandte Bildungen. In beiden Formationen sind Fossilien zumeist
recht selten und auf wenige Arten beschränkt. Klastisches Material
hat herrschenden Anteil am Aufbau der Gesteine. Es finden sich,