Full text: Jahreshefte des Vereins für Vaterländische Naturkunde in Württemberg : zugl. Jahrbuch d. Staatlichen Museums für Naturkunde in Stuttgart (Bd. 67, 1911)

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bringen, daß die Chromosomen überhaupt die Träger der Vererbung 
sind. Ein Schüler von Prof. Boverı, der Privatdozent Dr. BALTZER 
in Würzburg, hat vor kurzem bei Seeigelbastarden folgende Beob- 
achtungen gemacht (Zool. Anz. 35. Bd. 1909, Arch. f. Zellforsch. 1910), 
Es gibt in Neapel verschiedene Arten von Seeigeln, deren jede 
eine ganz charakteristische Larvenform besitzt. Man kann diese 
Arten leicht bastardieren, indem man die Eier der einen Art mit 
dem Samen der andern Art befruchtet. Dabei entstehen meistens 
Mischbastarde, d. h. die Larvenform steht in der Mitte zwischen den 
Larvenformen der beiden Arten. In einigen Fällen hat sich aber 
merkwürdigerweise gezeigt, daß die Larven rein nach der mütter- 
lichen Seite ausschlugen. Es schien also in diesen Fällen die Samen- 
zelle gar keine Wirkung zu haben in bezug auf die Vererbung. 
BALTZER klärte nun diese auffallende Tatsache dadurch auf, daß die 
männlichen Chromosomen bei den ersten Mitosen zurückbleiben und 
infolgedessen aus den Kernen eliminiert werden. 
Fig. 3 zeigt die Kernteilungsfigur im Stadium des Doppelsterns 
(Dyasters) bei der ersten Furchungsteilung des Eies von Strongylo- 
centrotus lividus, welches mit dem Samen von Sphaerechinus granu- 
laris befruchtet wurde. Man sieht, daß ein Teil der Chromosomen 
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Fig. 3. Erste Teilungsspindel 
eines Eies von Strongylocentrotus 
lividus, das mit dem Samen von 
Sphaerechinus granularis be- 
fruchtet wurde. Nach Baltzer 
(Arch. f. Zellf. 5. Bd. 1910). 
die Tochterplatten noch nicht erreicht hat und auf dem Wege zu- 
rückgeblieben ist. Diese Chromosomen werden folglich nicht in die 
entstehenden Kerne aufgenommen und sind also auch für alle fol- 
genden Teilungen ausgeschlossen. BALTZER legt dar, daß die elimi- 
nierten Chromosomen von dem Samenkern herstammen und daß von 
dessen 18 Chromosomen 16 auf diese Weise außer Funktion gesetzt 
werden. Infolgedessen findet keine Vererbung von väterlicher Seite 
statt und zeigen die Larven nur mütterliche Eigenschaften. 
Ich glaube nun genügend bewiesen zu haben, daß die Chromo- 
somen bleibende Gebilde (sozusagen Individuen) darstellen und daß 
sie die Träger der Vererbung sind. Ich komme jetzt auf das Pro- 
blem zurück, von dem am Anfang die Rede war, auf die Erklärung 
der Verschiedenheit der Kinder eines Elternnaares.
	        

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