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Der Mensch hat in jedem Zellkern des Körpers 24 Chromo-
somen (FLEMMING, DusssEre). Die Kerne der reifen Sexualzellen
enthalten die halbe Zahl, also 12 Chromosomen.
Bei der Befruchtung der Eizelle durch die Samenzelle kommen
12 Chromosomen der Mutter mit 12 Chromosomen des Vaters zu-
sammen.
Dasselbe Verhältnis besteht in allen Körperzellen des Kindes;
infolgedessen sind in jedem Kind stets Eigenschaften der mütterlichen
Familie mit Eigenschaften der väterlichen Familie gemischt.
Wenn das Kind erwachsen ist, enthalten die reifen Sexualzellen
(reife Eizellen oder Samenzellen) jeweils nur die halbe Zahl der
Chromosomen (infolge der „Reduktion“, welche bei der Bildung der
Richtungskörper und bei den letzten Teilungen der Spermatogenese
stattfindet). In dieser halben Zahl braucht aber die Zahl der väter-
lichen und der mütterlichen Chromosomen nicht jeweils hälftig ge-
teilt zu sein; vielmehr kann das Verhältnis ungleichmäßig sein.
Es unterliegt dem Zufall, ob im Einzelfalle unter
diesen 12 Chromosomen mehr väterliche oder mehr
mütterliche Chromosomen vorhanden sind. Die Wahr-
scheinlichkeitsrechnung ergibt folgende 13 Möglichkeiten und fol-
gende Wahrscheinlichkeiten für die einzelnen Möglichkeiten‘
Väterliche Mütterliche Berechnete Häufig-
Chromosomen Chromosomen keitin Prozenten
L.
2,
F
Ja
8.
9.
10,
11.
12.
13.
Fall
2
0
7
0
12
19
1
')
A
0,02
0,29
1,61
5,37
12,08
19,83
22,55
19.23
12,08
5,87
1,61
0,29
0.02
ı Eine Erörterung dieser Möglichkeiten und Wahrscheinlichkeiten ist von
mir zuerst angestellt worden (1905 und 1906) und kann ich dafür die Priorität
in Anspruch nehmen, Da ich anfangs die Wahrscheinlichkeit noch nicht be-
rechnen konnte, fand ich sie annäherungsweise durch Würfeln (1905). Die
Formel für die Berechnung der Wahrscheinlichkeiten hat Dr. Otto Ammon
angegeben (1906).