Full text: Jahreshefte des Vereins für Vaterländische Naturkunde in Württemberg : zugl. Jahrbuch d. Staatlichen Museums für Naturkunde in Stuttgart (Bd. 71, 1915)

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humus dagegen als „freie“ Humussäuren vorhanden seien. Dieser 
Auffassung entsprechen die Ausdrücke: neutraler Humus, saurer 
Humus. Man glaubte zu beobachten, daß Humussäuren von ver- 
schiedenen Eigenschaften existieren, daher die Namen: Ulminsäure, 
Huminsäure, Quellsäure, Quellsatzsäure, (Krensäure, Apokrensäure). 
Dieser Auffassung trat vAN BEMMELEN entgegen, indem er die 
„Humussäuren“ ihres Säurecharakters entkleidete und sie als 
Kolloidkörper ansprach, und besonders BAUMANN hat diese An- 
schauung weiter ausgebaut. Für diese Erkenntnis war von großer 
Wichtigkeit, daß die sogenannten Humussäuren Quellungserscheinungen 
zeigen, derart, daß geringe Mengen von Humusstoffen relativ mehr 
Wasser in sich aufnehmen als große Humusmengen bei gleicher 
Wassermenge und daß alle chemischen Vorgänge bei Humusstoffen 
von der Konzentration der Lösungen abhängig sind und nicht nach 
stöchiometrischen Gesetzen, sondern nach den Gesetzen der Ober- 
flächenwirkungen sich vollziehen, wie dies für Kolloide charakteristisch 
ist. Auch die Einwirkung von Rohhumus auf Lackmus läßt sich 
als Kolloidwirkung deuten. Die Aumusstoffe vermögen als charakte- 
ristische Kolloide Mineralstoffe gierig in sich aufzunehmen, adsorptiv 
zu binden, wie bei ihnen auch ein Austausch verschiedener Sub- 
stanzen, insbesondere von Basen, stattfinden kann. Diese Fähig- 
keiten sind bei Humusstoffen, die von verschiedenen Pflanzen stammen, 
verschieden, und darauf ist es zurückzuführen, daß man früher ver- 
schiedene Humussäuren annehmen zu müssen glaubte. Wenn die 
Humusstoffe eine gewisse Menge von Mineralstoffen in sich auf- 
genommen haben, so daß sie neutral reagieren, so sind sie adsorptiv 
gesättigt und es resultiert der milde Humus. Sind aber in den 
Wässern, mit denen die Humussubstanzen in Berührung kommen, 
relativ nur sehr geringe Mengen von gelösten Mineralstoffen ent- 
halten, so vermögen sich die Humusstoffe adsorptiv nicht zu sättigen 
und es entsteht Rohhumus. 
Der gesättigte Humus ist in Wasser unlöslich. Der 
Rohhumus dagegen bildet Gele und schwache Lösungen, 
Humussole, welche das Wasser dunkel färben. Derartige Roh- 
humuswässer oder, wie man sie gemeinhin nennt, Schwarzwässer 
vermögen neben den ein- und zweiwertigen Elementen ins- 
besondere die Eisen- und Manganverbindungen kolloid 
zu lösen und wegzuführen. Aus diesem Grunde wird Erden 
und Sanden, die von Schwarzwässern überflossen werden, der färbende 
Eisen- und Mangananteil entzogen und es bilden sich dann die
	        
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