Die Verlandung des Scheibensees.
Von Karl Bertsch in Ravensburg.
Mit 8 Textfiguren.
Bei der Waldburg liegt in einer flachen Mulde der kleine,
wenig beachtete Scheibensee. Früher noch, als. sein .kreisrunder
Wässerspiegel als klares, leuchtendes Auge aus. der grünen Wiesen-
fläche zum Himmel emporschaute, mag er eine Zierde der Gegend
gewesen sein. Aber längst ist. dieses Auge krank und trübe ‚ge-
worden, und drohend liegt vor seiner Zukunft die völlige Erblindung.
Abseits vom Wege gelegen, betritt kein Wanderer sein schwappen-
des Ufer. Nur im Spätsommer kommt der Streumähder aus dem
benachbarten Gehöfte barfuß in den offenen Klappschuhen und mäht
die Decke, die immer dichter über seine Gewässer sich legt, so die
Fortschritte der Krankheit um ein weniges verzögernd.
Der See füllt mit seinem Moor eine fast kreisförmige Ein-
senkung. auf der wellenförmigen Hochfläche. Kein Zufluß ergießt
sich hinein, kein Abfluß leitet das überschüssige Wasser fort. Ein
künstlicher Abzugsgraben, der jetzt nur noch völlig stagnierendes
Wasser führt, hat vor Jahren sein Niveau um wenige Dezimeter
zum Fallen gebracht. Heute liegt es in 663,3 m Höhe.
Überraschend ist sein Anblick. Um eine zentrale Wasserscheibe
von 80—90 m Durchmesser ziehen sich in fast konzentrischen
Kreisen mehrere Moorringe. Eine Menge unscheinbarer, düsterer
Schwimm- und Tauchpflanzen, die aber nur wenigen Arten an-
gehören, erfüllt die Wassermasse, Keine einzige Seerose, keine
duftende Nixenblume schickt einen freundlicheren Strahl aus dem
trüben, brechenden Auge. Kein Schilf umsäumt das Ufer, keine
Teichbinse treibt ihre glänzenden Sprosse empor. Keine jener
prangenden Blumen, die sonst das Röhricht schmücken, leuchtet
hier auf. Am Ufersaume nur das schwarze Purpurrot des Blutauges
(Comarum palustre), und auf der Wasserfläche in Massen die Irr-
lichtflämmcehen des Wasserschlauchs (Utricularia neglecta LEHMANN).
Alles, was frisches Leben und Gedeihen liebt, ist hier längst er-
storben. Aus dem Heer der Laichkräuter hat sich nur ein einziges,
Potamogeton natans, gehalten, das anspruchsloseste von allen, das mit