Full text: Jahreshefte des Vereins für Vaterländische Naturkunde in Württemberg : zugl. Jahrbuch d. Staatlichen Museums für Naturkunde in Stuttgart (Bd. 72, 1916)

XXXI 
Da ich nun durch meine Untersuchungen in den Besitz 
einer Anzahl vorn Getreidesorten gekommen war, die sich durch große 
Unterschiede: in der Disposition für Rost und für Steinbrand aus- 
zeichneten, wollte ich einige von ihnen zu einer orientierenden Unter- 
suchung über etwaige chemische Verschiedenheiten benützen. Die Unter- 
suchungen wurden auf der Hohenheimer landw. Versuchsstation aus- 
geführt. 
I. Zwei für Gelbrost sehr ungleich disponierte Winterweizen, die 
im botanischen Garten nebeneinander gezogen waren, wurden gleichzeitig 
in dem Zustand, wo sie erfahrungsmäßig vom Gelbrost am leichtesten 
befallen werden, nämlich kurz vor dem Schossen, abgeschnitten; der 
eine, Hohenheimer 77, hatte in 10 Jahren die verhältnismäßige Durch- 
schnittszahl (V) von 20 für Gelbrost bekommen, die andere, Michigan Bronze, 
in derselben Zeit V 372, Beide waren noch ganz gesund. Es zeigte 
sich, daß der Hohenheimer 77 in seiner Trockensubstanz 0,67 % Säure 
und 5,97% Dextrose enthielt, Mich, Br. 0,55% Säure und 6,08 % 
Dextrose. Die resistente Sorte hatte demnach 0,12 % mehr Säure und 
0,06% weniger Dextrose als die anfällige. Ebenso wurden 2 Sommer- 
weizen untersucht: Roter kahler Binkelweizen mit V 7 und Beloturka 
mit V 419. Ergebnis: . ; 
Binkelweizen . . . 0,82 % Säure, 7,24% Dextrose 
‚_ Beloturka .. .. 0,69 x 7,66 - 
Also hatte die resistente Sorte 0,13% mehr Säure und 0,42% weniger 
Dextrose., ; 
Diese Unterschiede sind ja nicht sehr groß, aber es muß berück- 
sichtigt werden, daß der Zucker- und Säuregehalt der Pflanzen über- 
haupt nicht groß ist, so daß die Differenzen relativ auffallend genug 
sind; ferner ist daran zu erinnern, daß es sich immer nur um grad- 
weise verschiedene Anfälligkeit, nicht um absolute Immunität handelt. 
Bemerkenswert ist, daß für die beiden untersuchten Fälle das Ver- 
hältnis der Säure zur Dextrose bei den resistenten Sorten 1:9, bei 
den anfälligen 1:11 ist. 
Il. Da bei Steinbrand die Auffindung irgendwelcher morphologischen 
oder anatomischen Unterschiede zwischen anfälligen und resistenten 
Keimlingen nicht gelungen war, sollte auch der Versuch gemacht werden, 
nach chemischen Unterschieden zu suchen. Dazu wurden Keimlinge 
von 2 einander außerordentlich nahestehenden Winterweizensorten ver- 
wendet (Fürst Hatzfeld und Richmonds Riesen, beide zur var. velutinum 
gehörig), von denen eine sehr resistent, die andere sehr anfällig war. 
Gleichmäßig behandelte, 5 Tage alte Keimlinge wurden im frischen 
Zustand nur auf ihren Säuregehalt untersucht. Die resistente Sorte 
enthielt 0,59% Säure, die anfällige 0,47 %ı 
Natürlich ist damit die Frage nach den chemischen Ursachen der 
ungleichen Disposition noch nicht erledigt, aber es ergeben sich doch 
bereits bestimmte Hinweise für künftige chemische Untersuchungen. 
Die Tatsache, daß chemische Verschiedenheiten oft der verschiedenen 
Disposition für Krankheiten zugrunde liegen, bringt es unserem Ver- 
ständnis näher, daß das Maß der Disposition trotz seiner erblichen
	        

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