Full text: Jahreshefte des Vereins für Vaterländische Naturkunde in Württemberg : zugl. Jahrbuch d. Staatlichen Museums für Naturkunde in Stuttgart (Bd. 72, 1916)

XAX VII 
Das dichtere Nachrichtennetz, das jetzt allerdings auf beschränktem 
Gebiet zu Gebote steht, ermöglicht ferner auch den sekundären Luft- 
wirbeln (Störungen, Teilwirbeln, Nebenwirbeln) näher zu treten und da- 
durch eine weitere Verbesserung der Wettererkenninis und der Wetter- 
vorhersage zu erzielen. Die Wirkungskraft solcher Störungen ist, wie 
das Beispiel des Mühlener Wirbelsturms, den der Vortraghaltende be- 
sonders untersucht hat, und wie viele Gewitter und selbst Hagelfälle 
und Wolkenbrüche beweisen, unter Umständen sehr einschneidend, 
obwohl solche Nebenwirbel oft nur Druckunterschiede von 1!/2-—2'/2 mm 
verursachen, die nicht selten in den von 5 zu 5 mm gezeichneten 
Isobarenkarten dem Auge entschwinden. Wir sind zwar bei der Nähe 
der Grenze des uns zur Verfügung stehenden Nachrichtengebiets vor 
Überraschungen nicht sicher, vermögen aber, dank der oben geschil- 
derten Nachrichtenvermehrung aus den uns zugetanen Gebieten und der 
Verfeinerung der Kartenzeichnung, die Disposition eher vorauszusehen. 
Zur Besprechung kamen dann noch als weitere Hilfen bei der 
Wettervorhersagung die Höhenluftbeobachtungen und die Beobachtung 
des Barometergangs. Bei den Höhenluftströmungen ist allerdings der 
Zusammenhang mit den Bodenwinden nicht sicher festgelegt und sonach 
bei der Benützung Vorsicht zu empfehlen, während der Verfolg des 
Barometergangs am Ortsbarographen ein ausgezeichnetes Kontrollmittel 
an die Hand gibt. Zusammenfassend schloß der Vortrag mit dem Hin- 
weis, daß, wie die Erfahrungen aller deutschen Wetterdienststellen be- 
stätigen, nicht nur die Schädigung gemildert, sondern sogar noch ein 
Fortschritt erzielt worden ist, L. Meyer. 
Sitzung am 10. April 1916. 
Prof. Dr. H. Kraemer-Hohenheim sprach über die Herk unft 
anserer Haustiere, unter denen die Tiere zu verstehen sind, die 
dem Menschen Nutzen bringen und künstlicher — neuerdings nach 
wissenschaftlichen Grundsätzen erfolgender — Züchtung unterworfen sind. 
Diese Tiere stammen ohne Zweifel von wildlebenden Formen ab, 
denen ein gewisser Geselligkeitstrieb innewohnte, während ihre Intelli- 
genz für die Domestikation keine Rolle spielte. Bei Beurteilung ihrer 
Herkunft leisten Archäologie und Ethnologie, bis zu einem gewissen 
Grad auch die vergleichende Sprachwissenschaft wesentliche Dienste; die 
meiste Aufklärung verdanken wir der naturwissenschaftlichen Methode 
der vergleichenden Anatomie. Sie ergab beispielsweise, daß unsere 
Pferde trotz ihrer Formenmannigfaltigkeit doch nur eine gemeinsame 
Stammform haben, während unsere Hunde von einer ganzen Reihe ver- 
schiedener Caniden abstammen. Das Rind wieder geht auf eine Urform, 
den Ur (Bos primigenius), zurück, hat nichts mit dem früher auch als 
Stammform angesehenen Wisent zu tun, während das Schaf neben dem 
korsischen Muflon und dem afrikanischen Mähnenschaf noch ein vorder- 
asiatisches Wildschaf unter seinen Stammeltern aufzuweisen hat. Ziege 
and Schwein lassen sich auf je zwei Stammformen zurückführen. Die 
gewaltige Wertschätzung, die man der Auslese hinsichtlich der weiteren
	        
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