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handelt, beweisen neuere Erfahrungen an Polypterus, der, an der Luft-
aufnahme verhindert, in 2—3 Stunden zugrunde geht, einen 24-stündigen
Aufenthalt außerhalb des Wassers aber gut verträgt. Merkwürdig ist
endlich die Umbildung des Magens in einen der Luftatmung dienenden
Blindsack bei gewissen Panzerwelsen (Otocinctus, Plecostomus) und die
Übernahme der Luftatmung durch den Mitteldarm bei den einheimischen
Schmerlen und gewissen tropischen Welsen und Symbranchiden.
Während typischerweise das Herz der Fische aus den Körpervenen
nur sauerstoffarmes Blut erhält und dieses zu den Kiemen entsendet,
von wo es sauerstoffreich durch die Aorta zu den Organen gelangt,
empfängt es bei fast allen luftatmenden Fischen (Ausnahmen: Sacco-
hranchus und Clarias) auch oxygenisiertes Blut durch Venen unmittel-
bar aus den akzessorischen Atmungsorganen und entsendet also gemischtes
Blut zu den Kiemen. Insbesondere wird das der Fall sein, wenn der
Fisch sich in irrespirablem Wasser oder an der Luft befindet, oder wenn
die Kiemen überhaupt weitgehend verkümmert sind'( Amphipnous), jeden-
falls wenn der Luftatmungsapparat gegenüber den Kiemen überwiegend
oder allein in Funktion tritt. Ein weiterer Schritt zur Herstellung eines
doppelten Blutkreislaufs ist bei dem Schwimmblasenatmer Gymnarchus
geschehen, wo das oxygenisierte Blut aus der Schwimmblasenvene im
Herzen vom Körperblut gesondert bleibt und allein durch die Gefäße
der beiden vorderen Kiemenbögen der Aorta zugeleitet wird, während
durch die beiden hinteren das sauerstoffarme Körperblut zur Schwimm-
blase strömt. Dies bedeutet eine weitgehende Analogie mit den bei
Dipnoern und Amphibien bestehenden Zuständen.
Die Amphibien selbst stellen ein merkwürdiges Zwischenreich
unter den Wirbeltieren dar. Erwachsen meist Lungenatmer, besitzen
sie in der Jugend fast stets auch funktionierende Kiemen. Luftwege
und Lungen bleiben aber auf niederer Stufe. Viele Schwanzlurche bleiben
zeitlebens Kiemenatmer; bei ihnen dient die Lunge nur noch als eine
Art Schwimmblase. Gerade ausgesprochene Landsalamander haben viel-
fach die Lunge ganz eingebüßt, und selbst bei den Fröschen wird ein
beträchtlicher Teil des Sauerstoffbedürfnisses durch Hautatmung gedeckt.
So spricht sich hier in der Gestaltung wie in der Lebensweise ein selt-
sam labiler, den Besitz der höheren wie der niederen Wirbeltiere ver-
knüpfender Zustand aus, bei dem aber weder die typischen Organe der
Luftatmung, die Lungen, noch die Kiemen zu voller Ausbildung und
Leistungsfähigkeit gelangen. .
Säugetiere dagegen genügen, auch wenn sie wie Fische leben, den
abnormen Anforderungen nur durch besondere Ausbildung ihres ureigenen
Besitzes. Und echte Fische werden Landbewohner und Luftatmer eben-
falls nur vermöge von Einrichtungen, die sich auf der typischen Fisch-
organisation aufbauen: ein Überschreiten der typischen Veranlagung
findet nirgends statt. Darin zeigen sich Gesetze der Gestaltung, an
welche die Lebensweise nicht zu rühren vermag. Anpassung schafft
nicht konstitutiv Neues, sondern arbeitet ausschließlich mit Steigern und
Unterdrücken, durch Umgestaltung der gleichen bauplanmäßigen Bestand-
teile. Viele auf den ersten Blick befremdende Erzeugnisse der Anpassung