Eine junge rheinische Störung in der Schwäbischen Alb.
Mit Tafel III,
Von Edwin Hennig-Tübingen.
Die altbekannte Tertiär-Sporade von Winterlingen—Harthausen
(nordwestlich Sigmaringen) ist dadurch eigentümlich, daß man, um
diese jugendliche Meeres-Hinterlassenschaft aufzusuchen, von allen Seiten
aus tief eingeschnittenen Tälern auf die Jura-Hochfläche um ungefähr
100 m Höhendifferenz (Straßberg—Winterlingen) emporsteigen muß.
Der Anstieg des Landes selbst aus dem tertiären Meeresspiegel zur heutigen
Höhenlage von rund 800 m kommt so eindringlich zum Bewußtsein. Die
Flüsse mußten trotz der fernen Erosionsbasis des Schwarzen Meeres
(Donau-System) den sich emporschiebenden Block bis tief in den Sockel-
unterbau der marinen Bildungen hinein zersägen. In der liegenden Jura-
kalkplatte haben die Täler entsprechend malerische Steilhänge, während
sie in den lockeren Tertiärmassen wannenförmig zur Breiten-Erosion
übergehen konnten. Dadurch gelangt aber der Meeresgrund, die Auf-
lagerungsfläche, trotz Zerschneidung und Überdeckung für ein geologisch
geschultes Auge landschaftlich zum Ausdruck. Die bei den größeren Flüs-
sen, z. B. Schmiecha, begreiflicherweise stärkere Zerreißung des Zu-
sammenhanges in der tertiären Überdeckung wird unschwer im Geiste
wieder ausgebessert: Die Zugehörigkeit des Juranagelfluh-Zuges von
Stetten am kalten Markt zu dem größeren Reststück von Winterlingen—
Benzingen ist augenscheinlich. Kleinere Erosionsrelikte wie südlich
Frohnstetten oder an der Fürstenhöhe (Straße Benzingen— Sigmaringen)
bereiten um so weniger Schwierigkeiten, die alte einheitliche Decke zu
rekonstruieren. Abseits der Hauptentwässerungsadern haben ersichtlich
die bis auf 30 m Mächtigkeit anschwellenden Jurageröllmassen mit ihren
tonigen Zwischenmitteln und Verwitterungsrückständen die Abtragung
gehemmt, die Unterlage geschützt und bauen somit ungeachtet ihrer
fluviatilen Herkunft die höchsten Erhebungen der heutigen Riedel auf.
Hier laufen die großen Verbindungswege, auch schon von Römerzeiten
her. An klaren Tagen sieht man von diesen Höhen aus die herbe Schön-