Full text: Jahreshefte des Vereins für Vaterländische Naturkunde in Württemberg : zugl. Jahrbuch d. Staatlichen Museums für Naturkunde in Stuttgart (Bd. 94, 1938)

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Wie ist es aber möglich, daß hier im Schutzgebiet „Stiegelefels“ 
zwei vollkommen verschiedene, ja sogar gegensätzliche Pflanzengruppen 
wie die Gebirgs-und Wärmepflanzen nebeneinander vorkommen können? 
Als Antwort möchte ich die Anschauungen zweier Autoren anführen, 
welche zur Grundlage meiner mikroklimatischen Untersuchungen wur- 
den, ResuorLz berichtet in seiner nur zu wenig bekannten Arbeit: „Die 
Pflanzenwelt der Fridinger Alb mit Berücksichtigung ihres Schutzgebiets 
(1926) hierüber folgendes: 
„Wenn nun trotz manch ungünstiger Einflüsse klimatischer Faktoren die 
Pflanzenwelt der Fridinger Alb eine so bedeutsame ist, wenn neben Gebirgs- 
pflanzen auch Wärmepflanzen vorkommen, so muß das seine Gründe haben. 
Die eingehende Prüfung einer Reihe von Standorten mit Pflanzen obenge- 
nannter Gruppen ergab, daß neben der großen Anpassungsfähigkeit der 
Pflanze die örtlichen Unterschiede von Klima und Boden auf kleinstem Raum 
von ausschlaggebender Bedeutung sind,‘ 
Noch vor ResyoiLz wies BertscH („Über die Wärmepflanzen des 
oberen Donautales, 1919”) auf diese mikroklimatischen Verhältnisse hin, 
Er schreibt in seiner Arbeit: 
„Im allgemeinen gilt das Klima der Alb als rauh und kalt, und nicht mit 
Unrecht ist der Name ‚Rauhe Alb‘ so weit verbreitet, Wer gar die 
Temperaturkurven der Wetterkarten betrachtet, wird kaum auf den Ge- 
danken kommen, daß hier südliche Pflanzen gedeihen könnten. Aber für uns 
handelt es sich nicht um die Schattentemperaturen der Hochfläche, welche 
die Meteorologie auf ihren Karten einzeichnet, sondern um die lokalen Wärme- 
verhältnisse unserer Pflanzenstandorte in voller Sonne. Diese Gewächse, 
welche in wärmeren Gegenden Heiden und Sandflächen besiedeln, haben sich 
im Donautal in die Felsen zurückgezogen, welche sie, auf den Gesimsen und 
Rissen wurzelnd, spalierartig überziehen, oder vor denen sie wachsen wie 
iremdländische Zierblumen auf unseren Fensterbrettern. Die Felsen nehmen 
aus voller Kraft die Sonne auf, und das der Erwärmung so ungemein zu- 
gängliche Kalkgestein bildet nun eine zweite Wärmequelle, welche lokale 
Wärmeinseln in den Falten und Nischen der Steilwände erzeugt, Nur wer 
hier an heißen Sommertagen. stundenlang herumklettert, zwischen der 
glühenden Sonne und den wie Backofen strahlenden Kalkwänden, kennt 
diese örtlichen Verhältnisse, die keine Wetterkarte wiedergibt.“ 
Aufgabe der mikroklimatischen Untersuchungen vorliegender Arbeit 
ist es, diese örtlichen Verhältnisse zu erfassen. Es soll gezeigt werden, 
daß trotz der großen Anpassungsfähigkeit diese Gebirgs- und Wärme- 
pflanzen in engster Beziehung zu ihrem Mikroklima stehen. 
B. Die verschiedenen Pflanzen, 
Die Wärmepflanzen verleihen gemeinsam mit den Alpenpflanzen dem 
oberen Donautal und speziell dem Schutzgebiet Stiegelefels ein charak- 
teristisches Gepräge und kennzeichnen dasselbe sowohl durch ihren 
Artenreichtum wie durch ihre Besiedelungsdichte als die wichtigste Zu- 
fluchtsstätte unserer Schwäbischen Alb. Ein ausführliches Verzeichnis 
der Pflanzen des Schutzgebiets und seiner näheren Umgebung finden 
wir bei ReBuHoLz (1926), deshalb genügt an dieser Stelle die Wiedergabe 
der im Schutzgebiet selbst vorkommenden Alpen- und Wärmepflanzen, 
Jahresheite d. Vereins f. vaterl. Naturkunde i, Württ. 1938,
	        
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