46 Das 1. Buch. - Lap.Xxx,
undnoch gehalten werden/ zu berichren/ damit der Liebhaber dieser Kunft/ mseinen Wey
>en fich vor denselbigen hüte/und dann in anderer Leute Werc> diefelbigen erkennen könne,
Sagederohalben/demnach die Bau-Kunfst (wiedann alle andere Künste sind) eine Nac
folgerin der Natur ist/ also leidet sie kein Ding / welches da fremd oder fern von demjeni,
genist/sodie Natur mitbringet.Dannenhero sehen wir/daß diealteBaumeister/welchedie
Gebäue/ so damals von Holt gemacht wurden/vonStein anfiengen zu machen und seßen/
daß die Seulen an ihren Spißen/oder dem obern Theil/nicht so dick waren/als am untern/
undnahmen das Exempel von den Bäumen/welcheallesammt gegen der Spiße schwang,
barer sind/als an dem Stam/und bey denWürßkeln/dieweil es sehr vernünftig/daß dieDiy-
ge/auf welche ein grösser Lastkommet/oder stehet/sich drücken , Als setztemsie die Bases oder
Fuß unter dieSeulen/welche init ihren Stäbe und Hohlkehlen/wegen deß daraufstehenden
Lasts/scheinen als wann sieniedergedrucket worden? also brachten sieauch an den Cornice
oder Haubtgesims die Trigliphen/so die Köyffe des Gebälcks bedeuten/die Modiglioni oder
Kragsteine/und Dencelli die Kälberzähne/welche die Ende derselben Bale>en und Sparren)
die.ausdas: Gebälc> undzu Haltung deß Dachs. angeleget werden/vorbilden jollen. Eben
dasselbigewird man in allen andern Theilen erkehen/wannman fie anders rec<htbetrachtet,
Weil dann deme also/so ist diejenige Manier zu bauen scheltens werth/ welche/ indeme
ßevon dem/das die Natur vonihren geschaffenen Dingen uns lehret/abweichet / und.von
derselben Inhalt/welche manindenen vonihren geschaffenen Dingenspüret/daß sieschier
zueinerandern Natur wird/den warhafften guten undschönen Weg deß Bauens verlässet,
Derohalben sol] man nicht anstatt der Seulen oder Pfeiler welcheirgend einen Lastzu trags
genhaben/und denselbigen in die-Höhe halten sollen/Briesoder Zettelzuseten/welche man
Cartoccinennet/welches sonderliche zusammen gerollte Dingesind / die von den Bauver-
ständigen. heßlich anzuschen/und demjenigen/dersichnichtdraufverstiehet/ vielmehr Confu-
sion und Unrichtigkeit / als einen Lust verursachen / auch verrichten fie weiters nichts/ als
dem Bauherrn Vermehrung des Unkostens. |
Ebener massen soll man auch aus-demCornice, dieser Cartoeci oderZettel/feinen heraus
machen wachsen/dieweil vonnöthen ist? daßalle Theil der Cornice zu irgend einer Werrich»
tunggemacht/und gleichsam wie Anzeigerinnen deßjenigen seynd/ welches man sehen wür«
de / „wann das Werc>k von Hol wäre; Und weil es sich geziemet / daßzu Tragungeines
schwehren Lastsetwas erfordert wird/so hart und geschickt seye / dem Last zu widerstehen/
alsistfein Zweifel/daß dergleichen Carcocci undZettelinicht ganßund'gar überflüssig seyen/
dan es unmöglich ist/daß ein Balck.dasjenige verrichte/was sie uns vor Augen stellen/und
weil man sie fingiretunddichtet/ daß sie zarkund weichseynd/so weißichnichtaus was Ur-
sachen man sie unter sosche hart undschwere Dinge sezenfönne? Aber dasjenige/an welchem
meinesErachtens ammeisten gelegen/ist derMißbrauch/daß man die Gibelund Fronrislpicia
der Thüuren und Fenster/ und deren Gänge oder Gallerien / in der Mitte.bricht und thei-
jet/in Betrachtung/daß sie gemachet seynd/damit den Abschuß deß Wassers. / vom Regen
aufden Gebäuen anzudeuten und anzuzeigen 3 auch habendie ersten Baumeister/ als die
vonder Nothdurfft selbst gelehrt haben/sie darum inder Mitten so hoch gemacht/ die Jnn-
wohner/und andere/dieim Haus aus-und eingehen/vom Regen/ Schneyen und Hageln
zu-beschützen. Derohalben weiß ich nicht/ob etwas der naturlichen Vernunfft mehr kön-
nezuwider gemacht werden/als das Theilzuzerstücken/ welches fingirtoder gedichtet ist,
Und obwolen die Veränderungen und.neue Sachen jedermann gefallen sollen / so soll
doch dasselbige den Prxceptis oder Geboten der Kunst / noc< demjenigen nicht zu wider ge?
schehen/ welches uns die Vernunfst beweißlich darthut/dannenhero man sschet/ daß anch
die Alitenvariirt und geändert haben./ gleichwol seynd ste von den general- oder allgemei-
nen und nothwendigenReguln der Kunstnicht abgewichen/wiein meinen Büchern von der
Antiquität wird zu sehen seyn. Die Ausladung der Cornicien oder Haupt-Gesimse/und
anderer Zierrathen/ anbelangend/ ists kein geringer Mißbrauch dieselbige so zu machen/
daß sicallzuweit hervor ragen; Dann wann sie dißfalls die gebübrendeProportion über,
treffen/bevorab wann sie in eineinverschlossenen Ort seynd/ denselben eng und unansehn-
lich machen/ so erschrecken sie diejenige/so darunterstehen ; allermassen esscheinet / als ob
sie einem alle Augenblick auf den Kopfffallen wolten. Es istauch nicht weniger zu fliehen
die Cornice oder Haubt-Gesims so zu machen / daß sie mit den Seulen keine Proportion
habe; Dann wann auf kicine Seulengroffe Cornicien / oder auf grosse Seiiscn fleine
ornicietn