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in der Gruft der Stiftskirche. Rektor Zoller und Fräulein v. Baer
hatten die Aufgabe, die im Anstaltsgebäude versammelten Herren
und Damen sowie die Schülerinnen zur Kirche zu führen.
(In der Gruft der Stiftskirche zu Stuttgart verblieben die
sterblichen Ueberreste der Königin, bis sie im Jahre 1824 in der
von dem Hofbaumeister Salucci auf den Grundlagen der alten
Stammburg des Hauses Württemberg erbauten griechischen Kapelle
auf dem Rothenberg beigesetzt wurden. Ebendaselbst fand 1864
ihr Gemahl, König Wilhelm, und 1887 ihre Tochter, die Prinzessin
Marie von Württemberg, verwitwete Gräfin Neipperg, die letzte
Ruhestätte.)
Am Samstag war Trauerfeier in der Anstalt: Thränen
erstickten den frommen Gesang, der sich endlich nur mit Mühe
durchringen konnte. Rektor Zoller hielt die Rede, die häufig
durch ihn selbst und die Anwesenden unterbrochen wurde. Als
er geendet hatte, trat Minister v. Maucler vor und übergab ihm
den gnädigen Erlass des Königs, in welchem dieser erklärte,
dass er im treuen Andenken an seine verewigte Gemahlin der
Anstalt seine unwandelbare Huld zusichere und derselben zu
einer teuren Erinnerung und immer gegenwärtigen Aufmunterung
den Namen Katharinenstift beigelegt habe. Rektor Zoller er-
griff die Schrift und rief aus: „Die Königliche Mutter ist von
uns geschieden: aus den Höhen ihrer Verklärung kommt uns ihr
Segen zu. Der Königliche Vater ist an ihre Stelle getreten.
Der König hat uns seine stellvertretende Gnade zugesichert.
Heil der Verklärten, Heil dem Könige, Heil unserer Anstalt!“
Gesang schloss die Feier; tiefe Trauer herrschte in dem
Kreise; still gingen die Versammelten auseinander. „Damit“,
so sagt Zoller in seinen Erinnerungen, „schloss auch die erste
Epoche der Anstalt. Die nächsten Epochen füllten sich mit der
Sorge für den Fortbestand und die Entfaltung des in der ersten
Epoche Begonnenen.“
IV. Rückblick auf achtzig Jahre.
Achtzig Jahre sind seit jenen denkwürdigen Tagen ver-
gangen, und sie haben gezeigt, dass auf einem in Gott gethanen
Werk der Segen ruht, dass, wenn auch die, welche es im
Glauben begonnen haben, die Augen schliessen, es dennoch fort-
geht durch die Liebe und Treue anderer, die an ihre Stelle
treten. Weil die edle Stifterin in frommer Lauterkeit nichts als
das Gute gewollt hat, darum hat sie Gott zu ihrer Zeit die