Full text: Bildersaal deutscher Geschichte

Einmauerung einer Nonne. Nach einer Originalzeichnung von O. Knil 
eine Stätte der Kunst und Gelehrsamkeit, konnte im Jahre 1291 der 
Abt mitsamt seinem ganzen Konvent nicht einmal schreiben, desto besser 
aber trinken. Am liebsten saßen die meisten Mönche jetzt mit den 
Adligen ihrer Nachbarschaft beim Klosterwein GBild S. 124), spielten, 
scherzten und sangen statt der frommen Weisen die lustigen Spielmanns— 
ieder, an denen sich unter der Dorflinde Burschen und Mädchen ergötzten. 
And von vielen Nonnenklöstern ging die Klage, daß die Nonnen das 
Belübde der Keuschheit nicht hielten und ein Leben voll Schande und 
Laster führten. Wohl gab es noch genug ernste Männer und Frauen, 
die das Klosterwesen in alter Zucht und Sitte erhalten und ihm die 
rühere Bedeutung zurückgewinnen wollten. Sie legten denen, die ge— 
fehlt, furchtbare Strafen auf — Nonnen, die das Gelübde der Keusch— 
heit gebrochen, wurden lebendig eingemauert (siehe obenstehendes Bild) 
— und doch schritt der Verfall vorwärts; denn allmählich brach eine 
neue Zeit an, die durch den Mund Martin Luthers aussprach, daß 
nicht nur der Stand der Mönche und Nonnen, sondern jeder Stand 
und Beruf, so man darin Gott von Herzen und mit Ernst fürchte und 
zu ihm auch herzliche Zuversicht, Glauben und Vertrauen fasse, ein 
Stand der Vollkommenheit sei. 
Vom Hexenglauben und von der Herenverfolgung. 
Sen der Entwicklung des Hexenglaubens und der Hexenverfolgung unter— 
J scheidet ein neuerer Forscher (Joseph Hansen, Zauberwahn, Inqui— 
ition und Hexenprozeß und die Entstehung der großen Hexenverfolgung) 
drei Hauptperioden: 400 - 1230, 1230- 1450 und 1450 - 1540. Die 
Dexenverfolgung aber währte bis in das achtzehnte Jahrhundert hinein. 
Und es muß beinahe als ein Rätsel bezeichnet werden, daß in derselben 
Zeit, in der das Geistesleben der abendländischen Völker durch Re— 
naissance, Reformation und Naturwissenschaften neues Licht und neue 
Kraft gewann, solch ungeheuerliche Taten geschehen konnten. Der 
Wahnsinn des Hexenglaubens und der Hexenverfolgung beherrschte die 
hewalthaber in Kirche und Staat und schleppte Tausende und Aber— 
ausende guter Mädchen und Frauen durch Kerker und Folterkammer 
ns Wasser oder auf den Scheiterhaufen. Was Hexerei sei, ist von den 
Theologen und Richtern des fünfzehnten Jahrhunderts in vielen ein— 
gehenden Erörterungen dargelegt worden; wir bemerken darin klar drei 
Zruppen an Vorstellungen, die längst vor 1400 unter den europäischen 
dulturvölkern vorhanden waren. Zur ersten Gruppe zählen drei aus 
em Bereiche des Zauberglaubens stammende Vorstellungen, die man 
ils Malefizium, Striga und Verwandlung der Menschen in Tiere be— 
eichnet. Das Malefizium ist die Grundlage des ganzen Hexenglaubens 
ind hat zum Inhalt den Wahn, daß gewisse Menschen, zumeist Frauen, 
ie Macht hätten, anderen Böses zuzufügen, sie körperlich und geistig 
rank und schwach zu machen, Liebe und Haß zu erzeugen, Haustiere zu 
öten, die Ernte durch schlechtes Wetter oder Hagel zu vernichten. Unter 
Striga versteht man den aus den alten Vorstellungen von Gespenstern, 
Alben und Vampiren herausgewachsenen volkstümlichen Glauben, daß 
s Weiber gebe, die Nachts umherflögen, um gemeinsame Gelage zu 
eiern, wobei sie gern kleine Kinder oder auch Erwachsene verzehren, 
ie sie vorher getötet hätten. Das Herumfliegen dachte man sich in 
erschiedener Weise: manche Hexen könnten sich durch Einreiben mit einer 
Zalbe, der Hexensalbe, in einen Vogel verwandeln, am liebsten in eine 
ente; andere ritten auf gespenstischen Rossen oder auf Hirschen, Böcken, 
Schweinen oder gar auf Besen, Stöcken und Mistgabeln dahin. 
„Es trägt der Besen, es trägt der Stock, 
Die Gabel trägt, es trägt der Bock.“ 
Die Vorstellung endlich, daß sich Menschen in Tiere verwandeln 
können, war in alter Zeit überall verbreitet. Es sei nur erinnert an 
zie Zauberin Circe, an die Walküren, die Schwäne wurden, an den 
Werwolf und an den Bären im Märchen von Schneeweißchen und 
Rosenrot, der ein verzauberter Prinz war. Mit dem Glauben an
	        
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