Full text: Bildersaal deutscher Geschichte

sandelten, enthielt 
nancher Spruch 
ine Mahnung zur 
Unparteilichkeit. 
So stand in Nürn— 
derg über der 
Ratstür: 
PEins manns red ist 
eine halbe red, 
Wan sol die part 
verhören ped.“ 
Undähnliche Wor— 
te fand der Knabe 
GBoethe im Römer 
zu Frankfurt in 
der Höhe der mitt— 
leren Wand und 
eilte sie in Dich— 
tung und Wahr— 
seit mit: 
Eines Mannes Rede 
ist keine Rede. 
Man soll sie billig 
hören beede.“ 
Der Rathaussaal 
großer Städte hat 
auch gar viele 
wvichtige politische 
Handlungen ge— 
sehen. Im Römer zu Frankfurt wurden die deutschen Kaiser gewählt, 
m Rathaussaal von Augasburg und Nürmnberg tagten viele Reichstage, 
in dem zu Nürnberg wurde 
um 29. September 1649 ein 
zroßes Friedensmahl abge— 
salten. — Ein modernes 
Nathaus enthält eine große 
Menge von Arbeitszimmern 
für die städtischen Beamten, 
das Rathaus der mittelalter— 
ichen Stadt hatte nur einige; 
denn noch war das Verfahren 
in Gericht und Verwaltung 
n der Hauptsache mündlich, 
ind daher brauchte man nur 
venig Schreiber und Akten. 
Hesondere Räume waren in 
er Regel nur dem Schoß— 
serrn und dem Schatzherrn 
ugewiesen, jenem die Küm— 
nerei, wo er die Steuern 
einnahm, diesem die Trese— 
kammer, wo er den Schatz des Rates, dessen Trinkhörner, Pokale, 
Silberschalen und Schmuckstücke aufbewahrte. Der angenehmste Raum 
var wohl vielen 
Ratsherren der 
Ratskeller, wo der 
Rat den für seine 
Feste erforderlichen 
Wein aufbewahrte 
und wo der Rats— 
wirt an die Bürger 
Wein und Bier ver— 
chenkte. In vielen 
Städten ist der 
euchtfröhliche Rats— 
eller in trockene, 
angweilige Schreib— 
tuben umgewandelt 
vorden, aber gar 
iele (so Bremen, 
Berlin und viele 
Kleinstädte) haben 
2 
ihn erhalten, und 
mit ihm auch die 
mErdgeschoß ge— 
egenen alten Ver— 
naufsräume, die 
ogenanntenRats— 
jallen. Reiche 
Ztädte zeigten 
hren Wohlstand 
uind ihre Macht 
wuich gern an 
hren Brunnen, 
o Nürnberg an 
dem „Schönen 
Brunnen“ ssiehe 
Bild S. 183) auf 
her nordwestlichen 
Ecke des Marktes. 
Er besteht aus 
einer in drei Eta— 
gen abgeteilten, 
91n2 m ü hohen 
Zteinpyramide 
rein gotischen 
Ztils, die sich auf 
einem achteckigen 
Zockel aus dem 
ebenfalls achtecki— 
gen Brunnenbecken erhebt. Jedes der drei Geschosse ist auch achteckig, 
voch so gestellt, daß die oberen Ecken je auf der Mitte der unteren 
Zeite stehen. Reichgegliederte Strebepfeiler 
ind offene, mit Spitzgiebeln gekrönte Spitz— 
vogenfenster zeigen das Aufstreben zur 
Zöhe. An den Strebopfeilern des unteren 
Seschosses stehen die Statuen der sieben 
durfürsten und der sogenannten neunstarken 
helden aus der heidnischen Zeit: Hektor, 
Alexander der Große und Julius Cäsar; 
ius der jüdischen: Josua, David, Judas 
Nakkabäus; aus der christlichen: Chlod— 
vig, Karl der Große und Gottfried von 
Zouillon. An den Strebopsfeilern des mitt— 
eren Geschosses erblict man Moses und 
ie sieben Propheten. Die Schönheit dieses 
Bauwerkes gewährt bei günstiger Beleuch— 
ung, von der Morgenseite angesehen, einen 
sohen Genuß. Und die Bewunderung des 
Zeschauers steigt, wenn er daran deukt, 
aß das Kunstwerk bereits im 14. Jahr— 
sundert, von 1385 bis 1396, entstanden ist. 
der Brunnen wird durch ein kunstvolles schmiedeeisernes Gitter ge— 
hützt, das im Jahre 1586 von dem Schlosser Paul Köhn her— 
Jestellt ward. 
In den öffent— 
ichen Profanbauten 
jand vor allem die 
Macht der Städte 
hren Ausdruck, die 
Kirchenbauten und 
Bürgerhäuser maren 
Zeugnisse des allge— 
neinen Wohlstandes. 
Aus Nürnbergs 
großer Zeit stammen 
iuch seine beiden 
chönsten Gotteshäu— 
er, die St. Lorenz— 
irche und die St. 
zebalduskirche. Der 
serrliche gotische Bau 
des heiligen Loren 
der Rathaussaal zu Bremen zur Zeit Wullenwebers. Nach einer Originalzeichnung von P. u. L. Ritte— 
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