igen. — Im Auslande trieben seine Werbeoffiziere ihr trauriges Ge- ersatz heranziehen. Er wies zu diesem Zwecke im Jahre 1733 jedem
chäft noch gewissenloser und roher. An irgend einem Ort, am liebsten Regiment einen bestimmten Werbebezirk oder „Kanton“ zu und ordnete
nvolkreichen Städten, errichteten sie ein „Werbebureau“. Dort lebten die Aushebung durch ein „Rantonreglement“. Alle Einwohner
ie mit ihren Helfershelfern
oft jahrelang auf Kosten
des Monarchen in wüster
Völlerei und ersannen da—
zei die verwegensten und
chändlichsten Streiche, um
rgend einen stattlichen Bur—
ichen zu sangen. Wer Hand—
jeld annahm, verpflichtete
ich als Rekrut. Darum
uchte man mit Vorliebe
die arglosen jungen Leute
in lustiger Gesellschaft trun—
ken zu machen, um ihnen
dann das Geld aufzudrän—
gen; aber auch durch Spiel
ind Dirnen, Lüge und
Betrug wußte man sie zu
erführen. Dann wurden
ie zur Fahne geschleppt
und zum Eide gezwungen,
wobei man wiederum kein
Mittel, und wäre es noch
so roh, verschmähte. Unser
nebenstehendes Bild läßt
uns einen Blick in jene
raurige Zeit tun; links
sehen wir die trinkenden
und spielenden Werber, wie
sie in frecher Ruhe die
armen Opfer ihrer List
betrachten, während aus
den Augen dieser Unglück—
lichen vernichtete Hoffnun—
gen, ohnmächtige Wut gegen
die Gewalttätigen, herzzer—
reißender Schmerz über ein
zerstörtes Leben zu sprechen
cheinen. Sind sie doch
iortan durch eine tiefe Kluft
„von der bürgerlichen Gesell—
chaft getrennt und in ein
iiberaus hartes Leben ge—
bannt; denn der Bürger
negegnete dem Soldaten
nur mit Mißtrauen und
Abneigung und suchte ängst—
lich jede Berührung mit
hmezu vermeiden. Von
jeinen Offizieren wurde der—
elbe gestoßen, auf die Füße
getreten, mit dem Stock
geschlagen; beiseinen Schick—
salsgenossen fand er meist
nur verhärtete Herzen, die
im Verkehr mit entwürdig—
ten Weibern und im Brannt—
wein ihr Genüge fanden.
Kein Wunder, daß die De—
sertationen nicht aufhörten,
trotzdem die furchtbar—
sten Strafen, wie Spieß—
rutenlaufen und Erschießen
darauf gesetzt waren. Da die Werbungen im Auslande oft sehr viel
Geld kosteten und dennoch nicht selten das schlechteste Gesindel dem
Heere zuführten, da sie bei der Rücksichtslosigkeit der Werber oft auch
Hündel und endlose Schreibereien mit den Nachbarstaaten verursachten,
mußte Friedrich Wilhelm doch wieder sein eigenes Land zum Truppen—
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Anwerbung in früherer Zeit.
suhimen oder , Exemtionen‘ noch vermehrt.) Kein Regiment soll einen Jdienst verpflichtet. Mit Rücksicht auf die volkswirtschaftlichen Nach—
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— —D eee ce —V6 die starke Velnstung * Ztaatskasse wurden sie jedoch in
q. Umdder Regel nach beendigter Ausbildung in die Heimat beurlaubt und
erhielten dann als Er—
ennungszeichen,aufpaß“,
„Hutpüschel“ ihres Regi—
nents und rote Militär—
jalsbinde. Beim Beginn
ines Krieges hatten sie sich
ofort wieder zu stellen.
Durch das Kantonsystem
ertrat Friedrich Wilhelm
den Grundsaßsz, daß alle
'andesangehörigen zum
kriegsdienst verpflichtet
eien. Er kehrte also zu
»em Gedanken zurück, der
inter seinen Vorgängern,
jesonders Friedrich J. zur
Finrichtung der sogenann—
en „Landmiliz“ geführt
satte. Freilich stand sein
)eer weit höher als die
nangelhaft bewaffnete und
or allem schlecht geschulte
Niliz; es war für seine
zeit eine Mustertruppe,
in Gegenstand des Er—
taunens und der Bewun—
erung. Schon ihr Äußeres
iel vorteilhaft auf. „Wie
derren standen sie da, mit
einer guter Leibwäsche,
den Kopf sauber gepudert
nit einem Zopf, alle im
lauen Rock, zu den hellen
dniehosen Stiefeletten von
ingebleichter Leinwand, die
Regimenter durch Farbe
der Westen, Aufschläge,
itzen und Schnüre unter—
chieden.“ (Gustav Freytag.
Mit peinlichster Sorgfalt
ind Strenge war der König
iber auch ungausgesetzt be—
nüht, seine Soldaten an
iserne Disziplin zu gewöh—
isen, zur Gottesfurcht zu
rziehen und „maschinen—
nüßig“ auszubilden. Nicht
um wenigsten galt seine
Zorge der Heranhildung
ines tüchtigen Offizier—
orps. Er verlieh darum
em Osfsizierstande den
rsten Rang und verlangte
om Adel, daß er der
Urmee Offiziere stelle. Die
Zöhne armer Edelleute
ieß er auf eigene Kosten
n der Kadettenanstalt zu
Berlin erziehen. Wer das
Zoldatenvolk Friedrich
Wilhelms recht sehen wollte,
nußte nach Potsdam reisen,
das er förmlich zu einem
steinernen Soldatenlager“ gemacht hatte. Dort lagen auch in kleinen
ziegelhäusern um das Schloß herum seine „Riesen“, das weltberühmte
'eibgrenadierregiment mit hohen Blechmützen. Es waren drei Bataillone
ron 800 Mann und etwa 600 -800 nicht eingereihte Ersatzmannschaften.
Diese Grenadiere wurden nicht beurlaubt und durften keine öffentliche
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