Full text: Bildersaal deutscher Geschichte

Es irrt durch Schnee und Wald umher 
das große mächt'ge Franzosenheer. 
der Kaiser auf der Flucht, 
Zoldaten ohne Zucht. 
Mit Mann und Roßz und Wagen 
dat sie der Herr geschlagen. 
sitter ohne Schwert, 
Reiter ohne Pferd, 
Flüchtling ohne Schuh, 
Nirgends Rast und Ruh. 
Zo hat sie Gott geschlagen 
Mit Mann und Roß und Wagen.“ 
hen die Herzen treuer Patrioten. Endlich kam eine 
rohe Botschaft. — Am 14. Dezember hatten die letzten 
Franzosen die russische Grenze überschritten; die meisten 
Russen rieten dem Zaren, die Fortführung des Krie— 
ges Westeuropa zu überlassen. Aber der Freiherr von 
Stein zeigte ihm, daß Preußen und Osterreich das 
Bündnis mit Napoleon nur widerwillig geschlossen 
hätten, daß sie den günstigen Augenblick ersehnten, 
das Joch abzuschütteln, und so brachte er Alexander zu 
dem Entschluß, der Vernichter Napoleons und der 
Befreier Europas zu werden. Alexanders Feldherr 
Kutusoff verkündete am 21. Dezember: „Seine Majestät 
der Kaiser bietet Frieden und Unabhängigkeit nebst 
seinem Beistand allen denjenigen Völkern, welche bis 
jetzt gezwungen waren, gegen ihn zu kämpfen, sobald 
sie Napoleons Fahne verlassen, um die zu ergreifen, 
welche ihr wahres eigenes Interesse erheischt. Ich fordere diese Völker 
auf, an den glücklichen Aussichten, welche ihnen die russischen Armeen 
Jeöffnet haben, zu vorteilen und sich an dieselben anzuschließen zur 
Herfolgung eines Feindes, dessen Unmacht durch seine eigene Flucht 
ezeichnet ist.“ Daneben sprach diese Bekanntmachung ausdrücklich 
zus, daß der Kaiser „die Absicht habe, dem Könige von Preußen 
Beweise seiner Freundschaft zu geben und der Monarchie Fried— 
eichs ihren Glanz und ihre Ausdehnung wiederzugeben“. Dieses 
Ziel vor Augen, die günstige Gelegenheit ergreifend, schloß General 
Hork, sein Korps vor dem Untergange zu retten und seinem König zu 
rhalten, am 30. Dezember 1812 in der Poscherunschen Mühle bei 
Tauroggen mit dem russischen Generalmajor v. Dibitsch eine Kon— 
sention. Artikel 1 derselben bestimmte, daß das preußische Korps den 
randstrich zwischen Memel, Tilsit und dem Haff besetze und daß dieser 
Landstrich als neutrales Gebiet betrachtet werde mit dem Vorbehalt 
des Durchzugs russischer Truppen; Artikel 2, daß das preußische Korps 
zis zu den eingehenden Befehlen des Königs neutral bleibe und bis 
um 1. März 1813 nicht gegen Rußland diene, falls der König die 
Wiedervereinigung mit der französischen Armee befehle. York teilte 
zie Konvention sofort dem König mit und sandte am 3. Januar 1813 
»on Tilsit aus noch folgendes Schreiben nach: „Ew. Königl. Maje— 
tät Monarchie, obgleich beengter als im Jahre 1805, ist es jetzt vor— 
ehalten, der Erlöser und Beschützer Ihres und aller deutschen Völker 
zu werden. Es liegt klar am Tage, daß die Hand der Vorsehung das 
Jroße Werk leitet. Jetzt oder nie ist der Moment, Freiheit, Unab— 
ängigkeit und Größe wiederzuerlangen. In dem Ausspruche Ew. 
Majestät liegt des Schicksal der Welt. Der Furchtsame will ein Bei— 
piel, und Osterreich wird dem Wege folgen, den Ew. Majestät bahnen. 
Ew. Majestät 
kennen mich 
als einen 
ruhigen, kal— 
ten, sich in 
die Politik 
nicht einmi— 
schenden 
Mann. So 
lange alles im 
gewöhnlichen 
Gange ging, 
mußte jeder 
reue Diener 
den Zeitum— 
tänden fol— 
gjen. Das war 
seine Pflicht. 
Die Zeitum— 
stände aber 
haben ein 
Jjanz ande— 
res Verhält— 
nis herbeige 
führt, und es 
ist ebenfalls 
Pflicht, die 
Jest entfesselte Ernst Moritz Arndt die Rache 
zes gemarterten Volkes durch die Erinnerung an 
—A 
Af Offiziere in Wesel; er verkündete, daß die Rache 
eilig und gerecht sei, daß Gott im Himmel selbst sie 
volle. 
darl Aug. Fürst v. Hardenberg. 
Vaterlandslied (1812. 
der Gott, der Eisen wachsen ließ, 
der wollte keine Knechte; 
Drum gab er Säbel, Schwert und Spieß 
dem Mann in seine Reechte, 
Drum gab er ihm den kühnen Mut, 
Dden Zorn der freien Rede, 
Ddaß er bestände bis aufs Blut, 
Zis in den Tod die Fehde. 
Zo wollen wir, was Gott gewollt, 
Vlit rechter Treue halten 
Uund nimmer im Tyrannensold 
die Menschenschädel spalten. 
doch wer für Tand und Schande ficht, 
den hauen wir zu Scherben, 
der soll im deutschen Lande nicht 
Mmit deutschen Männern erben. 
Deutschland, heil'ges Vaterland! 
ddeutsche Lieb' und Treue! 
du hohes Land! Du schönes Land! 
dir schwören wir aufs neue: 
Dem Buben und dem Knecht die Acht! 
der fütt're Kräh'n und Raben!“ 
Zo ziehn wir aus zur Hermannschlacht 
Ind wollen Rache haben. 
Laß brausen, was nur brausen kann, 
In hellen lichten Flammen! 
ihr Deutschen alle, Mann für Mann, 
Fürs Vaterland zusammen! 
ind hebt die Herzen himmelan 
ind himmelan die Hände! 
ind rufet alle Mann für Mann: 
Die Knechtschaft hat ein Ende.“ 
'aßt klingen, was nur klingen kann, 
die Trommeln und die Flöten! 
Vir wollen heute, Mann für Mann 
Nit Blut das Eisen röten, 
Nit Henkerblut, Franzosenblut — 
) süßer Tag der Rache! 
das klinget allen Deutschen gut, 
das ist die große Sache. 
aßt wehen, was nur wehen kann, 
ztandarten wehn und Fahnen! 
Vir wollen heut' uns, Mann für Mann 
zum Heldentode mahnen. 
luf, fliege, stolzes Siegspanier, 
Loran dem kühnen Reihen! 
Wir siegen oder sterben hier 
Den süßen Tod der Freien. — 
Jedem, auch dem einfachsten und schlichtesten Bürger war es klar, 
daß „jetzt oder nie“ Preußens Unabhängigkeit zu erlangen sei. Aber 
eine schwere Besorgnis lastete auf aller Herzen, daß der König von 
alschen Ratgebern über die wahre Lage der Dinge getäuscht und dahin 
Jeführt werden könnte, den unwiederbringlichen Augenblick zu versäumen 
Und die Besorgnis schien berechtigt, der König erklärte sich am 29. Ok— 
ober 1812 zum Ahiall von Napoleon nur dann bereit, wenn Oster— 
eich mit ihm 
gsehe. Doch 
Osterreich 
zauderte; und 
'o begnügte 
iich der König 
vorläufig, die 
Bündnis— 
unterhand— 
ungen mit 
Rußland und 
Osterreich 
fortzusetzen. 
Das Volk 
iber sah sich 
viederum bit— 
er getäuscht; 
und Zweifel 
ind Sorgen, 
b Friedrich 
Wilhelm der 
zroßen Auf— 
zabe fähig 
ei, die ihm 
ie günstige 
Ztunde ge— 
ollt, beschli— 
2414 
»NMork auf dem Landtage au Köniasbera. (Tert
	        
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