Volltext: Literarische Streifzüge durch die Entwicklung der europäischen Gesellschaft

Recht und privatem Wohlstand. Als er dann Advocatus 
patria®? wurde, d. h. erster Rechtsbeistand der Regierung, 
da spürte er eine pädagogische Ader. Und weil er in England 
die Bedeutung der Presse kennen gelernt, so schuf er sich 
ein Organ im „Osnabrücker Intelligenzblatt“ und hat durch 
ein paar Jahrzehnte, d. h. durch die ganze Dauer seiner 
öffentlichen Wirksamkeit, darin eine Propagandatätigkeit ge- 
übt, an der unsere öffentlichen und geheimen Regierungs- 
pressechefs ihr blaues Wunder erleben würden. Er hatte 
freilich zwei Dinge vor ihnen voraus: 1. glaubte er an seine 
Sache und verstand erheblich viel von ihr, und 2. war er 
mit ein paar glücklichen Gaben auf die Well gekommen: 
mit hellen Sinnen, heiterem Witz und einer leichten Aus- 
drucksfähigkeit. 
„Donnerwetter,‘“ sagte mein Bruder, als er in Möser ge- 
lesen hatte, „wie schade, daß so ein Kerl so reaktionär ist.“ 
Hatte er recht? Ganz gewiß, Möser ist ein konservativer 
Mann. Er ist für gottgewollte Abhängigkeiten, ihm ist 
menschliche Gerechtigkeit ein viel zu allgemeiner Begriff, 
und er setzt dafür lieber öffentliche Wohlfahrt. Das ist für 
uns sehr oft befremdend und manchmal empörend, wenn er 
Ungerechtigkeiten gegen Arme und Entrechtete billigt und 
fördert. Wir lernen aber etwas dadurch, nämlich, wie ein 
starker Einfluß damals von England nach Deutschland 
herüberströmte. Möser hat nicht nur seine journalistische 
Weisheit sich von dort geholt, sondern auch seine staats- 
wirtschaftlichen und politischen Grundsätze. Die gehen 
darauf aus, einen festen, dauernd begründeten Besitz zu 
schaffen und ein unabhängig wohlhabendes Bürgertum. Er 
ist nicht gegen den Adel und nicht einmal gegen Adelsprivi- 
legien. Aber er verlangt Arbeit und Sparsamkeit von ihm. 
Er ist nicht gegen Leibeigenschaft. Er will aber ein fest auf 
der Scholle begründetes Bauerntum. Er hat mit einem Wort 
ein aufsteigendes Land jenseits der Nordsee gesehen. Ihn 
kränkt die heimatliche Armut, und als ein Mann der Ord- 
130
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.