Ulmer Plan. Grund⸗ und Aufriß einer Planbearbeitung
des Treppenturms am Südauerschiff des Domes von Prag
Einleitend schon wurde erwähnt, daß dieser Plan zu einer Sammlung gotischer Werkrisse
gehört, die sich jetzt im Stadtmuseum von Ulm / D. befindet. Das Nuseum übernahm diese Risse
im Juli 1930 als Dauerleihe aus der Ulmer Stadtbibliothek. In dieser Bibliothek befindet sich
noch heute das Original des großen Ulmer Münsterturmrisses von Ulrich Ensingen. Es ist nicht
zu bezweifeln, daß sowohl dieser Zauptplan, als auch die, an das Stadtmuseum abgegebene
Sruppe von Rissen ursprünglich der Nünsterbauhütte von Ulm gehörte. Daß deren Plan—
schatz bedeutend war, beweisen ferner einzelne qualitätvolle Stücke, die sich heute an anderen
Orten befinden. Aus dem in das Ulmer Museum gelangten Bestand sei hier nur noch ein auf—
schlußreicher Detailriß hervorgehoben, welcher der Ulmer Zeit Ulrichs von Ensingen zuge—
schrieben werden kann.
Der hier interessierende Plan Inv. Vr. 947 (alte Vr. 4) ist vollständig und vorzüglich er—
halten. Nicht nur die Rekonstruktion eines ursprünglichen Formates, sondern sogar die Wieder—
herstellung des originalen Aussehens ist daher in diesem Falle kein Problem. KRann hier doch
auch die Tätigkeit eines späteren, des planbearbeitenden Neisters deutlich abgegrenzt werden.
Es handelt sich um einen Papierplan im Format 88)8,5 em. Die Tafel VII gibt, dem Buch—
formate angepaßt, sein Faksimile in etwas mehr als einem Drittel der Große; die Abb. 33
eine strichgetreue Kopie. Auf dieser ist nur der Tonunterschied einiger Teile vernachlässigt (die
dunkleren Konkavwimperge). Außerdem blieb hier jene Jahreszahl 1482 weg, welche rechts
neben der oberen Zalfte des Originals steht. Auch auf seiner Faksimile-Wiedergabe sind aber
die Zirkellocher und Rillenlinien der Zilfszeichnung nicht zu erkennen, mit denen der Reißzieh⸗—
feder, zuletzt der Rohrfeder für Steinlilien und Krabben vorgearbeitet wurde. Zu jenem Blind⸗
riß gehört hier auch die Konstruktion einer „Vierung über Ort“ nach drei Achsen, welche unten
rechts neben dem Grundriß angemerkt ist. Sie ist eine der seltenen, unmittelbaren Spuren jener
triangulierenden Entwurfsverfahren, die schon im zweiten, dann im siebenten Rapitel be—
handelt worden sind. Nicht nur Schrag⸗- und »ohlflächen des Aufrisses, auch die einzelnen
Stufen im Grundriß sind durch Schraffur verdeutlicht. Als Grundriß erscheint allein das Kern⸗
stück des Aufbaues: Das Veben⸗ und Ineinander dreier Treppenspindeln, welche in ein Quer—
rechteck geordnet sind. Bei dem Versuch, auch die Grenzen zwischen den drei Treppenläufen
anzugeben, entstand dem Planbearbeiter hier ein gabelförmiges, besonders schraffiertes Ge—
bilde. Der Schnitt durch die drei runden Treppensäulen blieb weiß.
In Auf⸗- und Grundriß stellt die Zeichnung also eine Treppenanlage dar. Auf der unteren
Rückseite des Blattes befindet sich noch der halbe Grundriß vom Oberteil einer Gruppe von
Baldachinfialen, die zueinander mehrfach übereck stehen. Udit dem Auf- und Grundriß der
03