BAUTEN DER RENAISSANCE
Der Einbruch neuer Formen im antikischen Geschmack Italiens erfolgte dort, wo
gotische Tradition den geringsten Widerstand leisten konnte: Bei den weltlichen
Bauten einer international eingestellten Hofkultur, die bald genug auch für den
nun mächtig erstarkenden Adel vorbildlich wurde. Daß Böhmen seit 1526 der neu
aufsteigenden Großmacht Habsburg angehörte, konnte den Zustrom italienischer
Formen nur erleichtern, Die Kirche, durch Glaubensspaltungen gelähmt, die dem
Lande als Erbe der Hussitenzeit geblieben waren, hat sich in dieser Zeit nicht
mehr zu großen Bauunternehmungen aufgerafft. Im Herbst 1534 lud sich Erz-
ıerzog Ferdinand von Tirol, Habsburgs erster Statthalter in Böhmen, welsche Bau-
ıeute nach Prag. Im kommenden Frühjahr schon begannen sie hier unter Führung
Hans von Spatios jenes Lustschloß Belvedere, das dem Lande die erste, voll-
kommene Vorstellung von dem Adel italienischer Renaissance gab. Aber schon
die Ausführung eines so beispielgebenden Entwurfs wurde schließlich deutschen
Meistern anvertraut. Mehr als der Augsburger Hans Tirol trat hier der Architekt
Bonifaz Wolmuet aus Konstanz hervor. Unter der Leitung Hans Tirols, der sich
bald „Oberst-Baumeister der Krone Böhmens' nennen durfte, entstand so ab
1555 das Jagdschloß Stern bei Prag. Eine Grundrißform hat hier namen-
gebend gewirkt, welche auch durch die beliebten Wegsterne der Tiergärten dieser
Zeit und das Zeremoniell ihrer Parforcejagden nahe gelegt war. Ein Plan aus dem
Jahre 1744 zeigt denn auch noch die Stern-Verbindung von Park und Schloß.
Die bastionartige Strenge des Außeren läßt bei diesem Gebäude den Reichtum
geistreich stuckierter Räume nicht ahnen, in denen die Sterngestalt der Gesamt-
'age immer noch einmal wiederkehrt.
SCHLOSS STERN BEI PRAG
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