PRAG-KLEINSEITE, PALAIS LOBKOWITZ, GARTENFASSADE
LANDSCHLÖSSER DES ADELS
Zur Betrachtung der Landschlösser des Adels leitet die besonders behandelte
Parkfassade eines Prager Stadtpalastes über: Des Palais Lobkowitz auf der
Prager Kleinseite. Während die dem Wälschen Platz zugekehrte Straßenfront
zwar auch recht lebendig und großartig ist, jedoch selbst ihren, mit einem Attika-
Giebel überspannten Mitteltrakt von sieben Fensterachsen nur wenig vortreten
läßt, wurde an der dem Hang des Laurenziberges zugekehrten Parkseite die ganze
Masse des Gebäudes tief aufgelockert und mit weit ausschwingenden Flügel-
trakten frei um ein kraftvoll vorgewölbtes Mitteloval gruppiert. Den besonderen
Möglichkeiten Rechnung tragend, die sich aus der Hanglage des Parkes ergaben,
hat hier der Architekt einem Stadtpalast zugleich die Reize des Landschlosses der
Zeit gegeben. Die Kühnheit, mit der solche Verbindung hier um 1707 verwirklicht
wurde, ist einem Meister von den Graden Santin Aichels wohl zuzutrauen. Im
Landschloß Liblitz bei Meinik, das acht Jahre vorher entstand, konnte das Kern-
oval einer ähnlich gruppierten Anlage nicht nur an beiden Hauptfronten frei vor-
treten; hier sind auch die Nebenfassaden durch Halbkreisnischen so tief aus-
gehöhlt, daß ein völlig gelockerter Vierflügelbau entstand. In dem Lustschlöß-
chen Karlshof, das sich ein Herr von Bissingen bei Pisek erbauen ließ, bewährte
sich solches System auch an kleinsten Maßen. Karlskron bei Chlumetz in Ost-
döhmen, das Santin Aichel um 1720 für den Landeskanzler Ferdinand Kinsky ent-
warf, ist das eigenartigste Werk in dieser Gruppe. Der Mittelbau ist hier kreis-
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