„uür Baupl⸗
und Werkstat
Mitteilungen der Beratungsstelle für das Baugewerbe
herausgegeben von der Königl. Zentralstelle für Gewerbe und handel
1. Jahrgang.
Stuttqart, Juni 1906.
Nnummer 6.
Das Landschulhaus.
eider, auch auf dem Lande nachgeahmt, in architektonischer
Zeziehung manche Verwirrung anrichteten und manches
höne Dorfbild verunstalteten. Doch nach und nach klärten
ich auch hier die Leistungen, so daß wir jetzt schon auf
ine Reihe mustergültiger und schöner, herz⸗- und sinn—
erfreuender Bauten in Stadt und LCand blicken können.
ks ist eine Lust, zu sehen, wie allenthalben, namentlich
zuch in unserem engeren Vaterlande, die Zahl ansprechen⸗
der Schulbauten wächst. Es ist dies um so mehr zu
begrüßen, als die
Schule nicht nur
durch das, was in
ihr gelehrt wird,
ondern durch sich
jelbst ein Porbild
für das ganze
CLeben bieten soll.
Man wird ja auf
dem Lande meist
mit bescheideneren
Mitteln zu rech⸗
nen haben, als in
der Stadt. Aber
auch hier muß der
Baumeister zei⸗
gen, daß er doch
uns zu fesseln und
zu erfreuen ver—⸗
mag. Er wird
auch hier in erster
CLinie sein Augen⸗
nerk darauf rich⸗
en, praktische,
yygienische und
chönheitliche Ge⸗
ichtspunkte zu ei⸗
iem harmonischen
Hanzen zu ver⸗
einigen. Er darf
sich nicht damit
begnügen, nur die
rein praktischen
Bedürfnisse zu erfüllen, wie dies leider früher oft geschah
und wie es uns jene ominösen Backsteinrohbauten, Roh—
hauten in des Wortes eigentlichster Bedeutung, allenthalben
ioch im Lande zeigen. In einem kleinen Dorfe oder
ztädtchen zählt ein Schulbau schon zu den größeren Bau—
s eine Art Bindeglied ist zu den öffent—
lichen Gebäuden Kirche und Kathaus, die
bisher auf dem Lande ein Gemeinwesen
verkörperten, allmählich ein drittes hinzu—
getreten: das Schulhaus. Hus kleinen, be⸗
scheidenen Anfängen hat es sich zu seiner
jetzigen Bedeutung entwickelt. Früher kam
es wohl selten vor, daß eine Gemeinde für die Zwecke des
A0
den eben schon vor⸗
handene zu Schul⸗
häusern umge—
baut und ließen
daher häufig in
mancher Bezieh⸗
ung zu wünschen
übrig. Als die
neuen Anschau—
ungen über Hy—
ziene sich Bahn
brachen und auf
allen Gebieten
tiefgreifende Um—
wälzungen ver—
ursachten, muß—⸗
ten sich in erster
Linie diese neuen
Forderungen auch
im Schulhaus Gel⸗
ung verschaffen.
So vollzogen sich
hier Schritt für
ochritt jene Wand⸗
uungen, die das
moderne Schul⸗
haus zu dem mach⸗
ien, als was es
sich heute uns dar⸗
stellt. — Zuerst
gingen diese nde⸗
rungen in der
Stadt vor sich und
es wurde, wie es bei neuen Kichtungen leicht zu gehen pflegt,
auch hier oft weit über das Ziel hinausgeschossen. Zudem
ließ das unerwartet rasche Anwachsen der Städte nicht ge—
nügend Zeit zu einer ruhigen Entwicklung. So entstanden
zunächst jene frostigen Schulkasernen und Schulpaläste, die
Schul⸗ und Rathaus in Bach⸗Altenberg Oberamt Oberndorf.
Architekt: Baurat Knoblauch, Stuttgart.