Full text: Für Bauplatz und Werkstatt / Mitteilungen der Kgl. Württemberg. Beratungsstelle für das Baugewerbe (Jg. 1906, Bd. 1, Heft 1/12)

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Mitteilungen der Beratungsstelle für das Baugewerbe 
Herausgegeben von der Königl. Zentralstelle für Gewerbe und Handel 
I. Jahrgang. 
Stuttgart, September 1906. n Nummer 9. J 
Der innere 
usbau. 
aben wir in den vorhergehenden Nummern 
die äußere Erscheinung des Hauses und 
alles, was für dieselbe von Wichtigkeit ist, 
betrachtet, so wollen wir nun einen Blick 
in das Innere werfen und auch hier in 
erster Linie einfachere Verhältnisse im Auge 
dehalten. — Dem inneren Husbau wird 
häufig noch viel zu wenig Kufmerksamkeit geschenkt und 
ju viel Wert auf die Außenseite des hauses gelegt. So 
zommt es oft, daß die Fassaden überladen und aufdring- 
iich erscheinen, daß es aber im hause selbst überall dürftiag 
aussieht. Daß diese 
Art ganz verkehrt 
ist, daß in erster 
Linie die Räumlich— 
zeiten unseres täg⸗ 
lichen Hufenthalts 
am gediegensten, be⸗ 
haglichsten und be— 
quemsten ausgestat⸗ 
tet werden sollten 
und dann erst an 
das Aeußere gedacht 
werden sollte, müßte 
nan gar nicht zu 
agen brauchen. Aber 
dielfach ist noch das 
Bedürfnis, mehr 
scheinen zu wollen, 
als den tatsächlichen 
Derhältnissen ent⸗ 
pricht, ausschlag⸗ 
gebend. So wählt 
nan Stockhöhen von 
Palästen, während 
der Flächenraum ge⸗ 
rade den notwen⸗ 
digsten Anforderun⸗ 
gen entspricht, imi⸗ 
tiert mit Surrogaten 
reiche holzverklei⸗ 
dung, holz⸗ und 
ztuckdecken und was dergleichen Gepflogenheiten sind. Schon 
m Hauseingang wird das Auge meistens durch allerlei mög⸗ 
lichst „reiche“ aber schlecht ausgeführte Decken-⸗ und Wand— 
naiereien, die sich im Treppenhaus fortsetzen, in Anspruch 
denommen. Kommt man in die Zimmer. so verfolgt einen 
ieselbe Unruhe in den Deckenmalereien und Stuckierungen, 
n den Tapeten, den Oefen und den Möbeln. Jedes ein— 
elne will für sich alle Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen, 
aß das Auge ohne Kast hin- und hergerissen wird. Auch 
iie Farbengebung bietet ihm keine angenehme Erholung, 
enn alles ist entweder in stumpfen braunen und bräunlich— 
elben oder in schreienden Tönen gehalten. Zudem herrscht 
ioch vielfach die üble Gewohnheit, den holzanstrich mit 
achgeahmter Maserung zu versehen und so ein besseres 
ind schöneres Material vorzutäuschen. — Also auch im 
innern gilt es, sich von alten Vorurteilen und Gewohn⸗ 
heiten frei zu machen 
und zu gediegener 
Einfachheit zurück⸗ 
zukehren. Bei der 
ganzen Ausstattung 
ist der Blick auf 
die Gesamtwirkung 
zu richten und die— 
ser sind die Einzel— 
objekte unterzuord⸗ 
nen. Beginnen wir 
wieder beim haus⸗ 
eingang und den Vor⸗ 
plätzen, so ist hier vor 
allem Zurückhaltung 
angebracht. Das⸗ 
elbe gilt vom Trep⸗ 
penhaus. Eine Ver⸗ 
tleidung auf Brü⸗ 
tungshoöhe mit far⸗ 
digen Plättchen oder 
Tincrusta oder holz, 
in einheitlichem Ton, 
an den Wänden 
eine dezente, einfache 
Malerei, am besten 
aur mit geometri⸗ 
chen Motiven, ge⸗ 
nügt. Im Treppen⸗ 
saus macht sich ein 
Fenster mit Blei— 
erglasung in geometrischer Zeichnung und wenigen, nicht 
zu bunten Farben immer gut. Es ist stets im Auge zu be⸗— 
halten, daß man mit seinen Mitteln haushälterisch umgehen 
nuß, um die Wirkung steigern und auf die haupträume 
rtomentrieren zu können. Sür die Zimmer wähle man keine 
Einfamilienhaus in Stuttgart. Architekt: Regierungscaumeister G. Martz, Stuttqqut. 
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