oür Bauplah
and Werkstatt
Mitteilungen der Beratungsstelle für das Baugewerbe
herausgegeben von der Königl. Zentralstelle für Gewerbe und handel
2 6. Jahrgang. Stuttgart, Sebruar 1911.
Nummer 2. &
Kleinhaus auf
dem Lande.
ig der Streit um „Eigenheim und Miets—
kaserne“ noch so lange geführt werden,
mag das Für und Wider die Gemüter
noch so sehr erregen, eines wird doch
immer bleiben, das ursprüngliche Gefühl,
das jedem innewohnt, der natürliche
Wunsch auf eigenem Besitz zu leben und zu sterben.
In der Stadt nun freilich wird sich dieser Wunsch nur
wenigen Men—
schen erfüllen
lassen. Selbstder
Vermoͤglichere
wird oft schon
befriedigt sein
müssen, wenn
das Haus, in
das er sich ein⸗
mietet, so be—⸗
quem gebaut
ist, daß er in
seiner Wohnung
für sich, unge⸗
tört und unab⸗
hängig von den
wenigen Mitbe⸗
wohnern hausen
kann. Für die
ärmeren Schich⸗
ten städtischer
Bevölkerung
allerdings wird
die Mietskaserne,
das Massen—
mietshaus, wohl
immer das Ge⸗
gebene bleiben
und so wenig
aus der Welt
zu schaffen sein
wie die Armut
selbst. Hier kann unser Ziel nur sein, unter Anerkennung
und Wahrung der wirtschaftlichen Vorteile solcher Massen—
quartiere möglichst gesunde und geräumige Wohnungen
für den Einzelnen zu schaffen.
Anders liegt der Fall vielfach auf Dörfern und in
kleineren Städten in der Nähe größerer Industrieorte. Mit
dem Wachsen der Industrie und dem Zuzug von neuen
Arbeitskräften werden hier oft und rasch neue Wohnungs⸗
gelegenheiten zum Bedürfnis. Das weckt nun sofort die
zpekulationslust und läßt dann jene dörfliche Abart der
tädtischen Mietskaserne aufschießen, die mehr als alle
anderen Baulichkeiten zur Verunstaltung unseres Landes
beigetragen hat.
Eine sich so äußernde Bautätigkeit ist um so bedauer⸗
licher, als gerade hier auf dem Lande es verhältnismäßig
leicht wäre, auch unserer Arbeiterbevölkerung ein eigenes Be⸗
sitztum zu ermög⸗
lichen, eigene
heimstätten zu
bieten.
Der heute von
uns gebrachte
Entwurf ist für
eine Arbeiter⸗
familie berech⸗
net, die, wie es
die ländlichen
Verhältnisse ge⸗
ben, sich neben⸗
bei etwas Klein⸗
vieh halten will.
Wir haben also
außer den Wohn⸗
und Nebenräu⸗
men, wie sie für
eine sechs⸗ bis
achtköpfige Fa⸗
milie notwen⸗
dig werden, als
Anbau einen
Schweine⸗ und
Ziegenstall nebst
zugehörigem
Barn vorge⸗
sehen. Ange⸗
nommen wur⸗
den die im Erd⸗
geschoßgrundriß
angedeuteten Himmelsrichtungen und die einzelnen Räume
hiernach gelegt: die Wohnräume nach den Sonnenseiten,
Flur, Küche und Speisekammer nach Norden. Das Uußere
ist ganz in der auf dem Lande üblichen Ert gehalten.
Nit dem Überkragen der oberen Stockwerke ist eine alte
Zauweise aufgenommen und im Verein mit den sichtbar
zelassenen Rahmenhölzern zur Belebung des Außeren aus—
zenützt. Im übrigen aber ist das Haus durchweg ohne
— — — Rge⸗
Straßenansicht.
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