Full text: Für Bauplatz und Werkstatt / Mitteilungen der Kgl. Württemberg. Beratungsstelle für das Baugewerbe (Jg. 1911, Bd. 6, Heft 1/12)

die alles gewachsen erscheinen läßt und derentwegen wir 
in etwas wehmütiger Erinnerung jene vergangene Zeit 
die „gute alte Zeit“ nennen. 
Kratzmuster für eine Curmuhr.) Wnen 
voranschlag sur eine Schule, ein Rathaus oder eine Kirche 
stellt die Uhr gewöhnlich einen immerhin ansehnlichen 
Posten dar. Denn vielfach meint man selbst in kleinen 
WGV 
echtvergoldete Ziffern, Zeiger u. dergl. nicht gut geht, und 
kann sich vor allem nicht leicht den Effekt versagen, den 
man sich von einem nachts erleuchteten Transparentziffer⸗ 
blatt verspricht. 
Der Effekt ist 
aber meistens gar 
nicht so groß. Für 
die erste Zeit ver⸗ 
mag die neue Uhr 
zwar viele Blicke 
auf sich zu ziehen. 
Bald verliert sie 
aber ihren Glanz 
und ihre An— 
ziehungskraft u. 
allmählich findet 
man die Lichtrech⸗ 
nung auch etwas 
hoch. Schließlich 
empfindet man es 
auch nicht als un⸗ 
abänderliche Not⸗ 
wendigkeit, mit⸗ 
ten in der Nacht 
sich überzeugen 
zu können, ob 
die Taschenuhr 
auch richtig geht. 
Also erspart man 
sich die unnötigen 
Kosten und be—⸗ 
gnügt sich am 
Ende, weil die 
Uhr nun einmal 
dazu eingerichtet 
ist, sie nur an 
Sonn⸗ und Feier⸗ 
dagen zu erleuch⸗ 
ten. Die übrige 
—A 
Zifferblatt seinen 
Beruf verfehlt. 
Unscheinbar und 
nüchtern wie jedes andere Sifferblatt ist es anzusehen. 
Dankbarer ist es daher, man verzichtet von vornherein 
auf derartige, später meistens doch aufgegebene Beleuch— 
tungseffekte und beschränkt sich auf eine bloß für den Tag 
berechnete, dafür um so liebevollere Ausstattung. Dabei 
braucht man nicht gleich an Uhren mit Läut- und Spiel⸗ 
werk, mit tanzenden Puppen u. dergl. zu denken. Für 
kleinere Schulen z. B. genügt ein Zifferblatt wie das heute 
abgebildete vollkommen. Es ist als Kratzmuster gedacht 
und dürfte unter Zuhilfenahme von Farbe, etwa Grün 
auf graublauen Putz, und mit schwarzen Zeigern ein 
durchaus zweckentsprechendes, ebenso billiges wie wirkungs— 
olles Zifferblatt geben. Statt des grünen Kranzes kann man, 
im in der Ausschmückung noch weiter zu gehen, etwa einen 
zrähenden hHahn, eine aufgehende Sonne oder dergl. zu einer 
Uhr passenden Schmuck in Kratztechnik hinzufügen. Ein kleines 
zupfernes Dach zum Schutz darüber wird den Eindruck der 
zweckmäßigkeit wie der Gefälligkeit vervollständigen. — Das 
abgebildete Zifferblatt ist in den letzten von der Beratungsstelle 
abgehaltenen Gipserkursen mehrfach neben einer Anzahl an— 
derer Kratzmuster ausgeführt worden. Die Zeichnungen 1:1 
ind von der Beratungsstelle gegen eine mäßige Gebühr zu haben. 
RXRM Sie sind recht aus der Mode 
Hhaussprüche. gekommen, die Haussprüche. 
Nur ab und 
zu findet man 
noch an einem 
älteren Hause 
einen Spruch, der 
zum Denken an⸗ 
regt oder von 
dem Stolz und 
dem Glück des 
hausbauers zeugt. 
Es ist schade, 
daß wir diese 
schöne Sitte so ver⸗ 
nachlässigt haben. 
Vielleicht hat 
es seinen Grund 
darin, daß wir 
das Bauen des 
eigenen Hauses 
piel weniger wich⸗ 
tig nehmen als 
früher. Oder sind 
wir auch durch⸗ 
weg der Meinung 
des Spruches: 
Ein Mann, der 
muß wohnen in 
ander CLeut' 
Häuser, 
Der ist ärmer 
als ein Kart—⸗ 
häuser. 
(Tirol) —27 
Oder stellen wir 
etwa, wenn wir 
unser Leben schil⸗ 
dern, das, Bauen“ 
auch so in den 
Vordergrund, 
wie der Spruch: 
Bauen, freien, pflanzen, werben, 
hat seinen Gang, bis daß wir sterben —7 
gilt aber nach wie vor: 
Aller Welt Sinn unde Mut, 
Steht up Gewalt, Ehr' unde Gut. 
Wenn se solches alles erwerben, 
Ceggen se sich nieder unde sterben. (hameln.) 
Nicht weniger Berechtigung aber haben auch heute noch 
die nachdenklichen Zeilen, die man bei uns oft findet: 
Dies ist mein Haus und doch nicht mein, 
Ich geh' aus, Du gehst ein, 
Mein! wer wird wohl der Letztte sein? 
Kratzmuster für eine Turmuhr. 
Klischees Die Klischees der meisten in „Bauplatz und Werkstatt“ bis jetzt erschienenen Abbildungen werden auf 
—7 kurze Seit gegen eine Leihgebühr von M. 3. — für das Stuck ausgeliehen, es ist also gleichgültig, 
welche Größe die Abbildungen zeigen. Die näheren Bedinaungen sind von der Beratunasstelle bei Bezug zu erfahren. 
Herantwortl. schriftleiter Paul Schmohl, Direktor d. Kgl. Baugeweruschule, Vorst. d. Beratungsstelle f. d. Baugewerbe; Druck u. verlag von 
Tarl Grüninger, beide in Stuttgart. — Für d. Bezieher d. Gewerbeblattes a. Württemb. unentgelti. Im Buchhandel in Halbjahrsh. M.3.- jährl. 
sid
	        
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