Zimmererkurse
Gleichzeitig mit dem ersten Gipserkurs ging man zur Veranstaltung
von Zimmererkursen über. Bei diesen Kursen wurde von der Erwägung
ausgegangen, daß strebsamen Zimmermeistern und Gesellen, die keine Bau-
schule besuchen konnten, Gelegenheit zur Vervollständigung ihrer theoretischen
und praktischen Kenntnisse in den schwierigeren Kapiteln der Zimmermanns-
kunst, namentlich im Schiften und im Austragen von Treppen durch Vortrag,
zeichnerische und, daran anschließend, praktische Übungen auf dem Reißboden
geboten werden sollte.
„Zuerst wurden, wie das Gewerbeblatt berichtet, den Teilnehmern die
wichtigsten theoretischen Abschnitte über Dachausmitilung, Schiften, Treppen-
konsiruktion vorgetragen und an einigen charakteristischen Beispielen zu-
nächst zeichnerisch auf dem Reißbrett geübt und erklärt. An zwei Abenden
wurde Unterricht in Preisbildung und Kostenberechnung mit besonderer Be-
rücksichtigung von Eingaben zu Submissionen !/und Anleitung zu richtiger
Berechnung der Prozente für Auf- oder Abgebot erteilt.
Nach diesen Vorbereitungen wurde zu praktischen Übungen auf dem Werk-
platz und in der Werkstätte übergegangen. Dort erhielten die Teilnehmer
zuerst einen Einblick in einen Werkstattbetrieb. Dann wurden sie in zwei
Gruppen verteilt, die abwechslungsweise in der Treppenmacherwerkstätte
mit dem Aufreißsen und Austragen von Treppen und auf dem Reißboden
mit Schiftungen aller Art beschäftigt waren. Hier war die Wahrnehmung zu
machen, daß diese Arbeiten den meisten der Teilnehmer noch neu waren
und daß dieselben nach 14 Tagen um manche Kenninis bereichert zu ihrem
Berufe zurückkehren konnten.“
Wie bei dem Gipserkurs, so waren die Anmeldungen zu diesem Kurs
gleich beim ersten Ausschrieb so zahlreich eingelaufen, daß viele An-
meldungen (129 hatten sich angemeldet) unberücksichtigt bleiben mußten. In
zwei Kursen mit je 20 Teilnehmern fand der Unterricht erstmalig statt. Bei
der ersten Wiederholung des Kurses 1907/08 mußte man ebenfalls. wieder
zwei Kurse mit je 20 Teilnehmern abhalten. Im Winter 1908/09 war man
genötigt, in 4 Kursen mit einer Teilnehmerzahl von insgesamt 90 Mann zu
unterrichten. Mit diesen 4 Kursen ging man zugleich dahin über, den Unter-
richt nicht mehr ständig in Stuttgart abzuhalten, sondern, um die Beteiligung
zu erleichtern, abwechselnd in verschiedene Teile des Landes zu verlegen.
Die erwähnten 4 Kurse fanden in Lusinau, die 3 Kurse des Winters 1909/10
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