Full text: Für Bauplatz und Werkstatt / Mitteilungen der Kgl. Württemberg. Beratungsstelle für das Baugewerbe (Jg. 1917, Bd. 12, Heft 1/12)

Bau bescheidener Gebäude von seiten der weniger Geübten 
so oft verstoßen wird! 
Das, was einen Raum überhaupt ausmacht, sind im 
Srunde allein die Wände, der Boden und die Decke 
Ihnen missen wir unsere Aufmerksamkeit zuerst schenken 
Alles was wir hinzutun, bloß um sie zu verschönern, kann 
den hanoteindruch eines Riumes z var mehr oder weniger 
deeinfleissen, aber nicht mehr von Grund aus ändern. Das 
Verhältnis, in dem diese Kaumelemente zu einander 
tehen, ist das Ausschlaggebende. Es gibt niedere und es 
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Fenstern durchsiehen, ohne wie sonst wegen der ver— 
chiedenen Sturzhöhen nicht ein und aus zu wissen, wie 
er es vermeiden soll, daß ihm alle hand lang ein in 
anderer höhe liegender Sturz den Faden seines Orna— 
mentes abschneidet. 
Das Cicht, das vor allen andern Dingen, die wir 
zdinzutun mögen, die Stimmung eines Kaumes schafft, wird 
dei gleichen Sturzhöhen in ruhigem Fluß hereindringen 
und Deche und Boden in gleichmäßigem Schimmer auf— 
euchten lassen. Wie anders, wenn ein Eckfenster etwa 
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einzinoerschalsaal Geislingen. Ansichten der 4 Wände. 
gibt hohe Räume. Es gibt enge und lange, mehr einem 
Flur ähnliche, es gibt aber auch mehr breite Kaume. Die 
Hestaltung in dieser Kichtung ist natürlich sehr wichlig, 
wird aber bei einfachen Gebaͤuden nicht so sehr in unserer 
hand liegen, sondern sich mehr aus der Bestimmung des 
einzelnen Raumes ergeben. Nur eines ist hierzu zu be— 
merken, daß nämlich die Scheu vor zu niederen Raͤumen 
vielfach übertrieben ist. Ein niederer Raum hat immer 
etwas Behagliches und auch schon etwas größere Räume 
— etwa in Schulklassengrößze — wirken selbst mit nur 3m 
lichter höhe immer noch recht gut, waährend ein Kaum mit 
mehr als 4 m höhe schon eine ziemliche Grundfläche haben 
muß, um nicht schachtartig und ungemütlich aus zusehen. 
Die Wand erhält ihren besonderen Ausdruck dürch 
die Fenster. Sie sind die Augen der Wand und dürfen, 
das sagt schon der Vergleich, nicht in beliebiger höhe liegen. 
Dielmehr sind alle ihre Sturzbalken und womöglich auch die 
aller Türen und sonstigen Offnungen durchweg in gleicher 
Höhenlage zu haiten. Diesem Grundsatz zuliede ver zichten 
wir lieber auf die Abwechslung, die vielleicht der , Fafsade“ 
wegen in der Form der einzelnen Fenster erwüunscht wäre. 
Wenn dann der Maler kommt, werden wir den Vorteil, 
den uns diese Maßnahme bringt, erst recht begreifen und 
begrüßzen. Der unter der Decke in gleich bleibender Breite 
ununterbrochen durchlaufende Mauerstreifen faßt gewisser- 
maßen wie ein Band die 4 Echen des Raumes zujammen 
und erhsht so das Gefühl des Geborgenseins innerhalb 
der 4 Pfahle. Auch der Maler wird uns Dank wissen. 
Er kann seinen Fries ruhig in beliebiger Höhe über den 
his unmittelbar unter die Decke reicht, während die übrigen 
Fenster normale Sturzhöhen aufweisen. Über jenem Fenster 
vird dann die Decke von einem grellweißen Streifen 
zeradezu zerrissen erscheinen und die Gemütlichkeit einer 
ruhigen Wirkung verloren sein. 
Was von den Sturzhöhen gesagt ist, gilt mehr oder 
veniger auch von der höhe der Fenstersimse. Kuch sie 
jollten möglichst in gleicher Höhe liegen. Doch gebietet 
sich das meistens schon von selbst. höchst selten wird man 
darauf verfallen — sei es etwa, um noch ein Möbel unter 
das Fenster stellen zu können, sei es der Außen ansicht 
juliebe — die Fensterbank höher als 80 em bis 1m 
über Fußboden zu legen. 
Die Breite der Fenster wähle man aus dem gleichen 
Brund wie die höhe möglichst durchweg gleich und schließ— 
lich die der Türen ebenfalls. Auch verteile man die Senster 
auf der Wand möglichst regelmäßig. Nicht, daß man die 
Wand gewissermaßen schielen läßt! Dies ist der Fall, 
wenn man in der einen Ecke einen unverhältnismäßig 
breiten Pfeiler läßt, auf der andern Seite aber, wie das 
oft zu finden ist, meistens aus Gründen äußerer Symmetrie, 
das Fenster gerade noch in die Cche zwängt! Die Wickung 
st eine verzweifelt häßliche: Die eine Ecke bleibt zu dunkel, 
die andere strahlt, was durch den Widerschein auf der 
instoßenden Wand sich noch erhöht, in blendender helle. 
das Schwergewicht des Kaumes ist damit gewissermaßen 
yerschoben und eine Wohnlichkeit trotz aller späteren Mühen 
zur Unmöglichkeit gemacht. 
Von der Gestaltung des Fußbodens ist nicht viel 
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