Full text: Für Bauplatz und Werkstatt / Mitteilungen der Württemberg. Beratungsstelle für das Baugewerbe (Jg. 1925, Bd. 20, Heft 1/12)

t 
FEUIDWEM? BERRDBNGSSTEILIE 
Fy RAIMICMV IRBE. 
perausgegeben vom Mũrtt. Pandesqemerbeomt · Versaq: Stautsiche Beratungsstesse fur das Baugewerbe 
Stuttgart, Januar 1925 
Siedlung an einem Nordwesthang. 
Die Bebauung eines von Südosten nach Nordwesten ab— 
fallenden Hangs ist eines der schwierigsten Probleme, die 
es für den Architekten gibt. 
Bei der vorliegenden Siedlung handelt es sich um eine 
Gemeinde, deren erster Teil auf einem in ein Tal vor— 
geschobenen Bergrücken liegt. Dieses Gelände ist von allen 
Seiten von Sonne umspült und war für eine Siedlung in 
jeder Hinsicht hervorragend geeignet. Die spätere Stadt— 
erweiterung mit dem Bahnhof in der Talebene hatte schon 
eine weniger günstige Sonnenlage. Durch die Ausdehnung 
der Stadt wurde in der Bahnhofsnähe allmählich alles 
erreichbare Baugelände überbaut. Für eine weitere größere 
Ausdehnung mußte die Wahl des Baugeländes schließlich 
notwendig auf den das Tal bildenden, noch unbebauten 
Nordwesthang fallen. Dieses Gelände ist für eine Sied— 
lung der Lage nach nicht gut geeignet. Es mußte in ganz 
besonders sorgfältiger Art festgestellt werden, wie die 
Sonnenbestrahlung z. B. im Winter über den Hang ver— 
läuft und in welcher Lage und Stellung die Häuser noch 
Sonne erhalten, ohne sich diese gegenseitig wegzunehmen. 
Auf dem für die neue Siedlung vorgesehenen Platz 
varen durch eine bereits durchgeführte Feldbereinigung 
klare Wegführungen vorhanden, die der Durchführung 
eines Stadtbauplans in dieser Hinsicht verhältnismäßig 
wenig Schwierigkeiten bereiteten. 
Bei der Grundrißgestaltung der Gebäude für das in 
Betracht zu ziehende Gelände war darauf zu sehen, daß 
die bewohnten Räume trotz der nördlichen Lage des Berg 
hangs eine möglichst günstige und gute Besonnung er— 
halten. Dies erreicht man am besten durch eine lockere 
Bebauung mit Einzelhäusern, da der Schatten eines Einzel⸗ 
hauses nur halb so lange auf dem tiefer liegenden etwa be⸗ 
schatteten Gebäude ruht, wie der Schatten eines Doppel- 
hauses. Ein weiterer wichtiger, bei der Bebauung nicht zu 
übersehender Gesichtspunkt ist der, daß man die Gebäude 
so wenig wie möglich in den Berg hineintreibt, sondern im 
Gegenteil versucht, die am unteren Teil des Hangs stehenden 
Bebäude durch Bodenauffüllung ringsum aus dem be— 
stehenden Gelände, und zwar so weit wie möglich, heraus— 
zuheben. Man gestaltet die Bebauung des Hangs auf 
diese Weise so, daß sie einer Bebauung auf weniger steilem 
Hang gleichkommt, was den Zweck hat, daß die Räume 
zu ider Jahreszeit möglichst lange von der Sonne bestrablt 
werden. 
In den Herbst- und Wintermonaten fällt die günstigste 
Besonnungszeit in die Tagesstunden zwischen 11 Uhr vor—⸗ 
mittags und 3 Ahr nachmittags. Die Grundrisse waren 
daher so auszubilden, daß die Wohn- und Schlafräume 
an jene Stellen zu liegen kommen, wo sie alle in dieser Zeit 
Sonne erhalten können. Die Räume sind auf diese Weise 
außerdem auch am wenigsten den kalten Nord- und Nord-⸗ 
ostwinden ausgesetzt. 
Bei den von der Beratungsstelle für das Baugewerbe 
entworfenen Haustypen wurde auf die obengenannten 
hygienischen und für die Wärmehaltung der Gebäude 
vichtigen wirtschaftlichen Gesichtspunkte Rücksicht ge— 
rommen. Die Nordfront als ungünstigste Hausfront der 
Bebäude soll daher nieder gehalten, die Südfront dagegen 
entsprechend ihrer günstigen Eigenschaften in Hinsicht auf 
Besonnung und 38 für das AUnterbringen von 
Räumen und Fenstern stark ausgebaut werden. Diese 
Forderung ergab Traufhäuser als Haustypen, deren tal— 
ritige Traufe niedriger zu liegen kommt als die bergseitige. 
Dieser Gebäudecharakter ist aber nicht nur die zweckmäßigste 
Form in Beziehung auf die Besonnung, sondern man erhält 
uch noch durch die an der Talseite nur mäßig entwickelten 
Traufhäuser einen klaren Gegensatz zu dem stark hervor— 
retenden Giebelcharakter des alten Stadtteils. Es war 
»om ästhetischen Standpunkt aus wichtig, daß dem alten 
Stadtbild seine Bedeutung ungeschmälert erhalten blieb 
und nicht durch eine gleichartige Bebauungsart an der 
— 
e, 
— 
Aus Weilderstadt. Nach einer Zeichnung von Dipl.Ing. Wintterlin
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.