Full text: Bauplatz und Werkstatt / Monats-Zeitschrift der Staatlichen Beratungsstelle für das Baugewerbe (Jg. 1936, Bd. 31. Heft 1/2)

praktische Handhabung erwiesen, wohl deshalb, weil mit den Laienpreisrichtern 
sine Aussprache über Künstlerisches meistens ergebnislos verläuft. 
Wenn die architektonischen Wettbewerbe ein Mittel sein sollen, die Best- 
leistung einer Bauaufgabe herauszufinden - etwa wie bei den olympischen 
Spielen, die zur Zeit als Vergleich besonders naheliegen, die besten Sportleis- 
tungen der Welt gefunden werden sollen - so wirft sich sofort die Frage auf, wie 
und von wem soll in kulturellen Dingen eines Volkes das Urteil gefällt werden? 
Im Vergleich mit dem Sport ergeben sich die Schwierigkeiten, die im Wesen 
aines Wettbewerbs in der Baukunst, wie auch auf allen anderen kulturellen Ge- 
ieten begründet sind. Andererseits darf nicht übersehen werden, daß es sich 
zei den Wettbewerben immer nur um Spigenleistungen zu handeln hat. Damit 
‚st an sich schon ein Wechsel der Personen gegeben. Denn wird nicht nach zu- 
zehörigen Richtungen entschieden, so ist kaum zu erwarten, daß stets eine 
Person alles erreichen wird. 
Wertungen beim 
Sport 
Kann die Arf der 
Sportwertung auf 
künstlerische Wett- 
bewerbe angewendet 
werden? 
Betrachten wir auf welche Weise die Entscheidungen z. B. bei den olympischen 
Spielen getroffen werden. Bei ihnen sind die Wertungen in den einzelnen Sport- 
Jattungen verhältnismäßig leicht zu treffen. Einfaches Zählen, Messen, Punkt- 
wertung und ähnliches ergeben auf einwandfreie Art die Entscheidungen. Es 
liegt auf der Hand, daß nur Gleichartiges, Gleichgerichtetes miteinander ver- 
gleichbar ist. Man kann natürlicherweise z.B. Hochsprung nur mit Hochsprung 
vergleichen. Dies geht aber heute soweit, daß sogar die einzelne Übung in Teilen 
beurteilt wird, daß z. B. beim Weitsprung nicht nur die erreichte Länge, sondern 
auch der Absprung und der Aufsprung usw. von einzelnen Punktrichtern ge- 
trennt beurteilt werden. Aus den Einzelresultaten der Spezialpreisrichter ergibt 
sich dann die Gesamtpunktzahl, die entscheidend ist. Nur auf diese, sowohl 
gründliche wie gewissenhafte Prüfungsart ist es möglich, daß man Gleichartiges 
richtig unter- und miteinander auswerten kann. Bemerkenswert ist bei den 
olympischen Spielen auch das Prinzip der Ausscheidungskämpfe, auf das wir 
aoch zurückkommen werden, weil wir es für möglich halten, daß es bei Bauwett- 
bewerben nüßlich sein kann. Die legte Entscheidung um den Preis spielt sich 
also nur zwischen einer kleinen Zahl von Bewerbern ab. 
Nicht weniger schwierig ist die Beurteilung von künstlerischen und sonstigen 
kulturellen und geistigen Arbeitsresultaten. Daß in solch weittragenden Entschei- 
dungen nur die Geeignetsten, wozu wohl die Fähigsten gehören, als Richter zur 
Feststellung der Bestleistungen herangezogen werden können, ist selbstver- 
ständlich. Daß sie dem betreffenden Beruf angehören, ist eine auf den ersten Blick 
sehr naheliegende, aber nicht ganz so selbstverständliche Forderung, wie es zu- 
erst scheint. Im Gegenteil kann man sogar sagen, der außenstehende Könner 
wird oft weniger befangen sein und mehr Überblick beweisen als der Fachmann, 
und dies umso mehr, je mehr das Künstlerische vorherrscht. In der Baukunst 
allerdings ist diese Tatsache schwer nugßbar zu machen, weil das Fachliche 
normalerweise bestimmte Voraussegungen verlangt. Es ist aber umgekehrt sehr 
wohl denkbar und naheliegend, daß z.B. ein Architekt Bauplastik oder Wand- 
malerei richtiger beurteilen kann als ein Maler oder Bildhauer, ohne daß er die 
Arbeit selbst schaffen könnte, und weiterhin mag mancher Kunstkenner ein 
sichereres Urteil über ein Kunstwerk haben als mancher ausübende Künstler 
Nur die allerfähigsten Beurteiler werden an den Horizont heranreichen, den ein 
großer Könner hat. Noch weitergehend muß erwogen werden, daß je höher das 
Niveau liegt, desto schwieriger für den Beurteiler die Wahl wird. 
Grenzen 
des Wettbewerbs- 
yedankens 
Gerade die kulturellen Leistungen wachsen aus einer Totalität heraus, die rein im 
Persönlichen begründet ist. Deshalb kann, genau genommen, ein Gottbegnadeter 
von keinem anderen Menschen und Zeitgenossen beurteilt werden. Er, der an der 
Spige der Pyramide der Entwicklung steht, ist nur sich selbst verantwortlich. Ein 
Wettbewerb in den höchsten Regionen der Kultur mit einem Preisgericht, das 
entscheiden soll, wo die höchste Qualität vorliegt, ist nicht denkbar. Hier kommen 
wir an die Grenzen des Wettbewerbsgedankens, die aber für unsere Fälle nicht 
von Bedeutung sind und ruhig beiseite gelassen werden können.
	        
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