Full text: Bauplatz und Werkstatt / Monats-Zeitschrift der Staatlichen Beratungsstelle für das Baugewerbe (Jg. 1936, Bd. 31. Heft 1/2)

NEUGESTALTUNG DER INDUSTRIEBAUTEN 
von Architekt Heinrich Osthus 1. Fortsetung 
Dem Gestaltungs- 
willen muß immer 
ain Ganzes 
vorschweben. 
Der Organismus 
bedingt die 
Leistungsfähigkeit. 
Typische Dreiteilung 
im Fabrikbau. 
Dem Plangedanken des Vorprojektes (s. Abb. 6-11) liegt eine bestimmte Größe 
zugrunde. Es ist wichtig, immer wieder darauf hinzuweisen, da hiervon das Ge- 
ingen derartiger Projekte zunächst ausschließlich abhängt. Darin unterscheiden 
sich gerade die bisherigen Gründungen von dem hier eingeschlagenen Weg. 
Die alten Fabriken mußten unter Annahme unbekannter Größen geplant wer- 
den. Dies verursachte größtenteils die Unzulänglichkeiten, die wir heute bei der 
'ndustrie sowohl volkswirtschaftlich als auch in sozialer Hinsicht sehen. Hier sei 
3in Hinweis auf die Natur gestattet, die ja immer für den Aufbau- und Ge- 
staltungswillen die besten Vorbilder bietet. Betrachtet man ein Samenkorn und 
verfolgt dessen Wachstum bis zur Pflanze, so kann festgestellt werden, daß schon 
m Samenkorn die Wachstums- und Formkräfte der ganzen Pflanze ruhen. Noch 
an anderes Beispiel: das Tier entwickelt sich nach der Geburt nicht beliebig zu 
liesem oder jenem Gebilde, sondern es wird ebenfalls nach einem bestimmten 
5chöpfungsbild entstehen. Auch hier liegt dem Werden immer ein Ganzes zu- 
runde. Versuchen wir von diesem Gesichtspunkt aus die uns gestellten 
’robleme zu lösen, so werden wir die Beobachtung machen, daß sich auch große 
Schwierigkeiten so überwinden lassen. Für die hier geplante Fabrik als Ganzes 
Jzesehen, mußte der Organismus entwickelt werden, der die besten Möglich- 
zeiten für die Leistung bot, d. h. ein Organismus, der den vielfältigen Bedin- 
Jungen gerecht wird, die dann Best-Leistungen möglich machen, Heute stehen 
wir gerade in dieser Beziehung vor großen Entscheidungen. Bisher erfolgte die 
Einrichtung und der Ausbau der Betriebe meist nach einseitigen Gesichtspunkten. 
z2s braucht hier nur auf die Rationalisierungsmethoden hingewiesen werden, die 
größtenteils von rein materiellen Anschauungen geleitet waren. Man hoffte da- 
durch zu Reichtum und Wohlhabenheit zu gelangen, aber das Gegenteil war 
der Fall. Nachdem der Arbeiter gänzlich mittellos war, zerfielen auch die größe- 
ren Vermögen immer mehr. Gerade diese materielle Denkungsart vernebelte 
den Weg zu dem angestrebten Wohlstand. Diese Einstellung war mit der Anlaß 
zu der Verschärfung der sozialen Verhältnisse. Auf die Forderungen, die sich da- 
raus heute ergeben, soll noch bei der Behandlung der Führung der Arbeitsabwick- 
‚ung näher eingegangen werden. Dem Plangedanken für das Vorprojekt selbst 
ıag die systematische Darstellung der Arbeitsfolge zu Grunde (s. Abb. 2). Dies 
ergab ein Bild, das an sich den verhältnismäßig komplizierten Arbeitsgang auf 
2inen einfachen Nenner gebracht hatte. Es trat so in der Planung zu tage, daß 
die einfache klare Arbeitsfolge auch im Entwurf enthalten war, wobei die Raum- 
yrößenverhältnisse (das Programm) Abb. 3 ebenfalls ihren Niederschlag finden 
mußten. Auf diese Weise konnte mit dem Projekt Abb. 6-11 ein Organismus ent- 
stehen, wie er in Abb, 5 dargestellt ist und zwar eine klare Reihung der Arbeits- 
rorgänge ohne Überschneidung. 
Bei der Bearbeitung des Entwurfes Abb. 6-11 haben sich 3 Hauptgruppen er- 
geben, die unter sich mehr einen mittelbaren Zusammenhang haben. Die erste 
Yauptgruppe bildet die eigentlichen Fabrikationsräume, die zweite die Ver- 
waltung (kaufmännische Abteilung) und die dritte Gruppe die Räume für sämt- 
liche Belange, die außerhalb der eigentlichen Fabrikation und der Verwaltung 
liegen (Nebenräume). Die Raumgruppen 2 und 3 richten sich in ihrer Größen- 
ausdehnung immer nach der ersten, nach derjenigen der Fabrikationsräume., 
Für die erste ist hier eine bestimmt ermittelte Größe gefunden worden, dagegen 
ist im Vorprojekt für die Ausdehnung der Verwaltung und der Nebenräume 
weitgehender Spielraum qelassen, so daß sich diese immer nach den jeweiligen
	        
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