E; bedarf wohl keiner weiteren Erwähnung, daß mit den bisherigen Ausfüh-
zungen nur Anfänge und Beispiele gegeben sind, daß weder mit einer voll-
kommenen und erschöpfenden Darstellung der Gesegmäßigkeiten, noch einer
solchen der aufgezeigten Beispiele gerechnet worden ist. Es liegt dies auch nicht
im Rahmen dessen, was beabsichtigt war. Trogdem aber kann gesagt werden,
daß bei der Beachtung dessen, was als Gesete aufgefunden worden ist, nicht
aur ein großer Schritt vorwärts gemacht werden kann, sondern auch aus einer
yesinnungsgetreuen Haltung alles weiter Notwendige sich einstellen wird.
Daß in dem Vorgebrachten raumgestaltende und architektonische Wahrheiten
Jyesehen werden können, wird den und jenen erstaunen machen, Aber gerade
darin ist eine Hauptforderung unserer Zeit zu sehen: die Architektur muß wahr
sein und werden. Auf die Notwendigkeit der Schaffung einer neuen, architekto-
ıischen Formenlehre möchte damit hingewiesen werden. Erst dann, wenn eine
solche Formenlehre die Grundlage des Studiums bildet. können der Architektur
ı1eue Gestaltungsaufgaben erwachsen.
An einem Beispiel möchte nun zum Schluß noch gezeigt werden, in welch ein-
schneidender Art die Änderungen sich ergeben, wenn an eine Raumgestaltung
m Sinne der Ergebnisse der gesamten Abhandlungen herangetreten wird. Als
3eispiel sei hier eine Stadt am Bodensee genommen. Bei dem alten vorgelegten
Entwurf sehen wir die zu bebauende Gegend mit „Baustreifen” durchzogen.
Wie sie angeordnet sind, kann ohne viel Mühe jeder selbst ablesen, und die
dieses Beschauen begleitenden Äußerungen werden wohl bei jedem denselben
Klang haben. Daraus ergab sich von selbst der Wunsch einer anderen Raum-
ordnung und -gestaltung. Es ist doch unsere Aufgabe die Häuser so in der Land-
schaft einzuordnen, daß der Bewohner das Empfinden einer Zusammengehörig-
zeit, eines Verwachsenseins mit dem heimatlichen Boden sich zu eigen machen
zann. Auch wenn man sich bewußt ist, mit der Erfüllung gerade dieser Forderun-
Jen erst am Anfang eines weiten Weges sich zu befinden, kann doch schon man-
herlei unternommen werden, das die Richtung auf dieses Ziel aufweist. Die
Aufteilung des Geländes in Abb. 36 hat mit irgendwelcher Beziehung zur Ge-
gend selbst nichts zu tun. Die Baustreifen, ihre Breite und ihre Anordnung könn-
ten genau so gut in jedem andern Teil Deutschlands oder Württembergs an-
getroffen werden. Der Seegegend sind sie nicht eigen. Dies veranlaßte den 2. Ent-
wurf, der sich in viel freierer Art dem Gelände einfügt. Er sucht die Häuser so
anzuordnen, daß den meisten von ihnen wohl ein kleiner Ausblick nach dem See
ader dessen gegenüberliegendem Ufer möglich sein könnte. Vor allem wurde
Jarauf gesehen, daß so viele als möglich ihr Gesicht dem See zuwenden. Auch
wenn solche Häuser garnichts weiter vom See zu sehen bekommen, ist es für
deren Bewohner wohltuend, wenn sie das Empfinden mit hineintragen: mein
Taus schaut zum See, steht mit dem Gesicht dem See zugewandt. Dies ergibt
Siebelstellungen der Häuser, Sie werden in der Hauptsache als recht wohltuend
»mpfunden werden. Damit soll keinerlei Regel aufgestellt werden. Denn auch
ıier wird die Abwechslung mit Stellungen der Häuser, die parallel zum Seeufer
aufen, gegeben sein. In diesem Zusammenhang möchte auf die überragende
3Zaugestaltung des Postgebäudes in Friedrichshafen durch Theodor Fischer hin-
Jewiesen werden. Seine Raumordnung bestätigt vollauf das hier ausgeführte.
Nimmt man nun Rücksicht auf die Bodenseegegend, so muß man zu den Bau-
streifen die Baufelder hinzufügen. Größere Bauflächen oder Baufelder, die Raum
geben zur Erstellung von Häusergruppen, wechseln mit den üblichen Baustreifen.
Das daraus sich eraebende Bild wird ein aanz anderes (s. Abb. 37).