VORWORT:
Wenn wir mit diesem Heft neue oder zeitgemäße Ge-
danken zur Siedlungsfrage vorlegen, so verbinden wir
damit folgende Frage an den Leser: Welches Bild einer Sied-
lung lebt heute in uns?
Als Antwort darauf, ersteht in der Vorstellung sofort das typische
Bild der Reihung. Und zwar eine ästhetisch saubere Reihung
von möglichst gleichen Elementen von Siedlungshäusern, die
entweder den Giebel oder die Traufe zeigen. Die Hausform
ist heute vollkommen klargestellt. Das deutsche Giebel- und
Walmdach hat die kubische Hausform des „Bauhauses” und des
‚neuen Frankfurt” endgültig abgelöst. Allein, wie steht es mit
dem Bebauungsgedanken der Reihung? Jeder kennt die langen
gleichartigen Zeilen der Siedlungen in Karlsruhe, Frankfurt,
Celle und Dessau. Auch unsere neuesten Siedlungen, bei denen
Giebelhaus an Giebelhaus gereiht in endloser Zeile steht, lassen
die Frage aufwachen: „Möchtest du in einem dieser Häuser
wohnen?” Eine solche Frage ist durchaus nicht überflüssig ; denn
noch immer, wo sie in den zahlreichen Besprechungen und Be-
ratungen an jemand gerichtet wurde, mußten wir ein „Nein“
als Antwort hören. Als legte Möglichkeit des Wohnens inner-
halb einer solchen Siedlung wurde dann noch eines der Eck-
häuser bezeichnet. Wenn man als Architekt über eine solche
Ablehnung auch zuerst erstaunt war, so fand man doch sehr
bald die psychologische Begründung und deren urgesunde
Wurzel: Werden derartige Siedlungen besonders starr und
gleichmäßig durchgeführt, so wird sich der einzelne samt seiner
Familie nie richtig heimisch und bodenständig fühlen. Daran
werden auch bestdurchgearbeitete und praktische Lösungen
der Einzelhäuser nichts ändern. Es unterliegt gar keinem Zweifel:
Es bedarf einer ungeheuer ernsten und gründlichen Selbst-
prüfung, um sich klar zu sein darüber, was noch von alten An-
schauungen in uns lebt, und was dem Wesen und Geiste der
neuen Zeit des Nationalsozialismus entspricht und gerecht wird.
Was bei der Hausform hinsichtlich des Daches erreicht ist, muß
Das obige Bild stellt Bernau i. bad. Schwarzwald nacheiner Zeichnung von Herrn L.Schmieder
JTeidelberq dar. Mit frdl. Erlaubnis d. Verlags „Badische Heimat” in Freibura i.B. wiederaegeben.