Full text: Practische Anleitung zur Anwendung der Cemente zu baulichen, gewerblichen, landwirtschaftlichen und Kunst-Gegenständen

für Fabriken künstlicher Steine, ist die Nähe einer guten 
Cement-Fabrik von grofsem Werthe; denn abgesehen von 
ihrer Bedeutung als billige Bezugs- Quelle, gestattet diese Nähe 
die Beschaffung; eines stets frisch fabrieirten Cementes, wäh- 
rend Cemente, welche bis zu der Verbrauchsstätte lange Zeit 
unterwegs sind, auf dem Transport und auf den Lagern der 
Gefahr des Verderbens ausgesetzt sind, oder als beliebter und 
ein Jucratives Geschäft abgebender Handels-Artikel, sehr häufig 
nicht mehr in Original-Beschaffenheit in die Hände der Con- 
sumenten gelangen, wodurch ihre Güte und Brauchbarkeit in 
Frage kommt. 
Die inländischen Fabriken liefern den Portland-Cement 
in wohlverwahrten Tonnen oder Fässern von ziemlich glei- 
cher Gröfse und gleichem Gewicht wie die englischen Original- 
Tonnen aus der Fabrik der Herren Robins & Co. 
Die Darstellungskosten des Cements sind natürlich, je nach 
der Lage der Fabrik verschieden, und hängen hauptsächlich 
vom Preise des Brennmaterials und der Rohmaterialien ab. 
Nach Winkler *) werden zum Trocknen, Brennen und Mahlen 
von 1 Tonne Portland -Cement etwa 1 Tonne Steinkohlen ver- 
braucht. Eine Dampfmaschine von 12 Pferdekraft kann täglich 
etwa 50 Tonnen Cement mahlen. Bei billigem und gutem Roh- 
material und richtiger Leitung der Fabrikation, bleiben dem- 
nach die Kosten für 1 Tonne Cement noch unter 2 Thlr. Da 
der gegenwärtige Verkaufspreis in Berlin, pro Tonne 400 Pfd. 
Brutto-Gewicht, 4} Thlr. beträgt, so ist die Fabrikation von 
Cement bis jetzt noch eine sehr lohnende, 
Bei dem Herabdrücken der Preise unter eine gewisse 
Grenze für diese oder jene Fabrik, dürfte auch die Sicherheit, 
in Bezug auf Güte des Cementes, gefährdet werden, und das 
bauende Publikum wird denn auch eine gröfsere Vorsicht beim 
Einkauf beobachten und sich gegen Verfälschungen mancher 
Art sicher stellen müssen. 
Es werden daher diejenigen Fabriken, welche insbesondere 
die Rohmaterialien möglichst wohlfeil zu beschaffen und durch 
ihre Lage den Vertrieb des Cementes zu erleichtern vermögen, 
jede Concurrenz bestehen können. 
Bei sonst gleicher Beschaffenheit und guter Erhaltung der 
Cement-Tonnen, aus renommirter Fabrik bezogen, zeigt sich 
der Unterschied der einen von der anderen Tonne meistens 
in der mehr oder weniger schnellen Bindekraft. des Cements, 
was jedoch bei der Verwendung im Allgemeinen von keinem 
Einflufs ist. Bei Arbeiten, die ein schnelles Binden des Ce- 
ments bedingen, wird man durch einfache Proben, indem man 
Cement aus verschiedenen Tonnen entnimmt und mit Wasser 
zu kleinen Kugeln formt und den Unterschied der Zeit des 
Bindens und Erhärtens notirt, die gröfsere oder geringere 
Bindekraft des Cements ermitteln können. 
Tonnen mit untauglichem Cement, die auf dem Transport, 
oder durch langes Liegen auf dem Lager verdorben sind, wird 
jede Handlung zurückzunehmen leicht zu verpflichten sein. 
Beim Einkauf des Cements wird man immerhin wohl thun, 
den Bedarf, wenn nicht direct aus einer renommirten Fabrik 
selbst, nur von reellen Handlungen zu beziehen, die mit der 
Behandlung, Verpackung und Aufbewahrung des Cements ver- 
traut sind, und überhaupt mit derartigen Baumaterialien han- 
deln; denn da der Cement im verpackten Zustande nur ein 
Halbfabrikat ist, dessen Güte erst nach dem Verbrauch beur- 
theilt werden kann, so ist dies eine wesentliche Bürgschaft, 
nach Möglichkeit gleich gut bedient zu werden und sich vor 
groben Benachtheiligungen zu verwahren. Auch ist es bei ei- 
nem lebhaften Betriebe eines Baues, wo grofse Quantitäten 
von Cement verwendet werden, nicht immer möglich, dafs der 
Cement jeder Tonne einer besonderen Prüfung unterworfen 
*) Chem. Centralbl. 1858, N. 31. 
werden kann, und kommt es bei der Verwendung des Ce. 
nents sehr viel auf sachkundige, zuverlässige und gewissen- 
hafte Maurer an. 
Cement-Lieferungen durch Submissionen bewirken zu wol- 
len, wird in keinem Falle anzurathen sein; hierdurch möchten 
zwar bei vielen Concurrenten in manchen Fällen pecuniäre 
Vortheile erzielt werden, welches jedoch meist nur auf Kosten 
ler Quantität oder Qualität des Cements geschehen dürfte. 
50 lange die Fabrikation des Portland- Cements in nur wenigen 
und reellen Händen ist, wird es nicht von den Lieferanten 
abhängen, die Preise so wesentlich verschieden von einander 
abgeben zu können. Findet dies nichts desto weniger bei so 
manchen eingeforderten oder eingegangenen Preis-Offerten 
statt, und man läfst sich documentiren, aus welcher Fabrik der 
Lieferant den Cement bezieht, und weils man z. B., dafs die 
Tonne Cement loco Wildau so und so viel kostet: so kann 
man versichert sein, dafs guter Cement nicht geliefert wird. 
Dergleichen Preis-Offerten gehen auf Baustellen häufig von 
Handlungen ein, bei denen Cement ein Nebenhandel ist, und die 
1ur ab und zu eine Quantität vorräthig haben, welche auf irgend 
eine Weise in einer Auction oder dergleichen erstanden ist. 
Eingeforderte Cement-Proben sind, wie alle Proben, fast 
immer besser, als die danach zu liefernde Gesammtmasse, und 
ist die Lieferung der letzteren nicht der Art, dafs sie brauch- 
bar ist, so bringt dies nicht selten den Betrieb des Baues in 
Verlegenheit. 
Eine besondere Vorsicht beim Einkauf und eine strenge 
Controlle bei der Abnahme und Verwendung des Cements ist 
daher sehr zu empfehlen, um die möglichsten Resultate mit 
lem Portland-Cement erzielen zu können. 
Diese Controlle bei Abnahme des Cements würde sich 
nun vorzugsweise beziehen auf: 
i. Maafs und Gewicht der Tonne. 
In den Preis-Offerten über Cement-Lieferungen ist ge- 
wöhnlich für eine Tonne Cement aus einer benannten Fabrik, 
ein durchschnittliches Brutto- oder Netto-Gewicht und ein 
bestimmter Preis dafür angegeben. 
Manche Handlung hält zwei Sorten Cement aus einer und 
derselben Fabrik, zu verschiedenen Preisen und von verschie- 
lener Qualität und Quantität. Aber selten oder nie werden 
lie Cement-Tonnen, welche doch so verschieden in Gröfse 
ınd ihrer Verpackung, ob fest oder locker, sein können, auf 
der Baustelle gewogen, und dennoch finden sich nicht selten 
Differenzen vor, die wohl der Beachtung werth sind. 
Wenn eine Original-Cement-Tonne im festen Zustande 
83,32 Cubikfufs und im aufgelockerten Zustande 5,00 Cubikfufls 
Jement enthalten, diese 400 Pfund brutto wiegen und 4! Thlr. 
kosten soll, so kommt es dennoch vor, dafs manche Tonne 
aus weiterhin bemerkten Ursachen nicht den cubischen Inhalt 
von Cement und folglich auch nicht das Gewicht hat. Bei 
sedeutenden Quantitäten ergiebt dies Weniger nicht unbedeu- 
;ende pecuniläre Nachtheile. 
Um diese Nachtheile zu vermeiden, und da das Tonnen- 
Maafs im Cementhandel gemeiniglich ein sehr variables ist, so wird 
man wohlthun, den Cement nicht ohne Weiteres nach der Stück- 
zahl, sondern nach dem Gewichte der Tonnen einzukaufen. 
Keine Baustelle ist so grofs, dafs das Wiegen der Tonnen 
nicht mit leichter Mühe in kurzer Zeit vorgenommen werden 
könnte. _ , 
Bei nachlässiger Verpackung des Cements in Tonnen ist 
denn nicht immer zu vermeiden, dafs, bei der staubartigen 
Natur des Cements, auf oft weitem Transport und bei viel- 
fachem Auf- und Abladen mehr oder weniger Cement zwi- 
schen den Stäben verloren geht. Es sind mir Fälle vorgekom- 
men, dafs bei allerdings sehr trockener Witterung und sehr 
Q*
	        
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