Ueber Ausführungen von Cement-Arbeiten im Allgemeinen.
Unterwirft man die, seit etwa 13 Jahren in Berlin aus-
geführten, höchst mannigfaltigen Arbeiten mit Portland-Cement
einer Prüfung, unter Berücksichtigung ihrer Lage und der Um-
stände, unter welchen die Arbeiten entstanden und benutzt
sind, so zeigen sich mancherlei Verschiedenheiten in Bezug auf
Güte und Dauer derselben.
Bei der mangelhaften Kenntnifs, welche man anfänglich
von der Natur und den Eigenschaften des Cements hatte, war
es unvermeidlich, dafs bei seiner Verwendung, durch oft will-
kürliche Behandlung, mancherlei Mifsgriffe begangen wurden.
Dazu kam, was auch jetzt noch häufig der Fall ist, dafs das
bauende Publikum, durch allseitige Anpreisungen des Cements
von verschiedenen weniger bekannten auswärtigen Fa-
briken und deren Agenten, in dem Ankauf der wirklich
guten Waare irre geleitet wurde.
Wenn auch gegenwärtig der Portland-Cement in verschie-
denen Fällen seiner Anwendung den Anforderungen nicht im-
mer genügt, so liegen die Ursachen, nach den bisherigen Beob-
achtungen und Erfahrungen, nicht immer an der schlechten
Beschaffenheit derselben, sondern in Folgendem:
1) In der sorglosen Aufbewahrung des Cements auf Bau-
stellen.
2) In der gröfseren Zumuthung an seine Wirksamkeit, als
er sie seiner Natur nach hat.
3) In der nicht sachgemäfsen Verarbeitung und Verwen-
dung des Cement-Mörtels. Meistens ist der zum Mörtel
verwendete Sand schlecht oder in gröfserer Menge bei-
zemischt worden, als der Zweck der Verwendung des
Mörtels es gestattet. .
Arbeiten, zu welchen das Material aus anerkannt besten
Quellen bezogen wurde, und wo die Verwendung des Cements
eine sachgemäße war, haben bisher Hitze, Frost und Nässe,
schroff abwechselnden Witterungseinflüssen, sowie der unaus-
gesetzten Benutzung ganz vorzüglich widerstanden,
Sollen demnach bei Verwendung dieses sowie anderer Ce-
mente die gröfstmöglichsten Resultate, bezüglich ihrer Festig-
keit und Dauer, erzielt werden, so wird man einige Mühe und
Aufmerksamkeit auf Alles, was die Natur oder die besonderen
Eigenschaften dieses oder jenes Cements bedingt, nicht scheuen
dürfen. Um diese zu errreichen, ist erforderlich:
\ Dafs der Cement aus anerkannt rellen Fabriken oder
Handlungen bezogen werde, und die Aufbewahrung des-
selben, das Zusatzmaterial, die Bereitung des Mörtels und
die Verwendung desselben, gut und sachgemäfs geschieht.
Ueber alles dieses ist das Nöthige in Betreff des Port-
land-Cements, auf Seite 6 bis 20 enthalten, und sollen im
Nachfolgenden nur noch die, bei Ausführung von Cement-
Arbeiten zu beobachtenden Vorsichtsmafsregeln im All-
gemeinen angedeutet werden.
Je nach dem Zwecke und der Construetion werden Ce-
ment-Arbeiten entweder aus reinem Cement-Mörtel, aus einem
Mörtel mit Zusatz von Sand, aus Beton, oder aus Cement-
Mörtel mit Anwendung von künstlichen oder natürlichen Stei-
nen gefertigt.
2) Alles Stein-Material ist schmutz- und staubfrei zu ver-
wenden. Volle, hohle oder poröse Back- und Dachsteine
müssen von vorzüglicher Beschaffenheit, gut gebrannt,
und von möglichst gleichem Format, und die Dachsteine
insbesondere nicht windschief sein. Backsteine mit sehr
glatter Oberfläche, wie dergleichen unter den Schnitt- und
Prefssteinen vielfach vorkommen, behindern wegen die-
ser Glätte das kräftige Anhaften des Cement-Mörtels.
3) Das gehörige Annässen des Stein-Materials ist von be-
sonderer Wichtigkeit. Je sorgfältiger und nachhaltiger
dieses Annässen vor, während und nach einer Arbeit, zu-
mal bei dem Portland-Cement, geschieht, desto größere
Festigkeit gewinnt der Cement-Mörtel, und wird durch
das Nafserhalten das Erhärten desselben, bis zur voll-
kommensten Steinhärte, beschleunigt.
Die Bedingungen für das Erhärten des Cement-Mörtels
sind in seinen Bestandtheilen selbst zu suchen. Diese be-
stehen vorzugsweise in Kieselsäure, Thonerde und Kalkerde;
sie treten miteinander in Wechselwirkung und verbinden sich
chemisch.
Die Vereinigung dieser Bestandtheile beginnt, sobald der
Cement mit Wasser angerührt worden ist; je nach der Güte
des Cements schreitet sie schneller oder langsamer fort.
Da die vorhandene Kalkerde durch die Kieselsäure und
Thonerde in Anspruch genommen wird, so wirkt auf jene
weder die in der Luft, noch die im Wasser enthaltene Koh-
iensäure ein.
Das Zusammentreten von Kieselsäure, Thonerde und Kalk-
arde wird durch die, in den Cementen enthaltenen Alkalien
Jewirkt; sie übertragen gleichsam die Kieselsäure und Thon-
arde an die Kalkerde, indem sie theilweise mit dem zuge-
setzten Wasser in Verbindung gehen.
Dieser Prozefs findet am besten dann statt, wenn die mit
Uement ausgeführten Arbeiten einige Zeit feucht erhalten
werden; man begünstigt dadurch ein dauerndes Fortschreiten
des chemischen Prozesses.
Die Vereinigung der Bestandtheile wird so innig, dafs der
Mörtel meist härter ist, als das Material, dem er als Binde-
mittel dient. Sandzusätze macht man rein aus ökonomischen
Rücksichten.
Um kleinere Bautheile nach ihrer Anfertigung länger
feucht zu erhalten, werden diese häufig auch mit Erde be-
schüttet oder in Erde vergraben.
‚Welchen Einflufs das Annässen mit der Zeit auf die Festig-
zeit des Cements äufsert, bemerkt man beispielsweise an den,
vor 10 Jahren mit Portland-Cement gefertigten, künstlichen
Telsen, Wasserfällen und Quelleneinfassungen in dem Palmen-
ıause des Commerzien-Raths Herrn Borsig in Moabit. Durch
lie stete feuchte warme Luft, welche die tropischen Gewächse
gedingen, und in Folge dessen die Felsen durch Condensation
fortwährend feucht erhalten werden, haben diese künstlichen
Steingebilde mit der Zeit eine Härte und Festigkeit erlangt, die
von dem festesten Sandstein nicht übertroffen werden dürfte.
Das Annässen des Stein-Materials kurz vor oder während
ler Verwendung des Mörtels, in gewöhnlicher Weise, durch
3Zespritzen mittelst des Maurer-Pinsels, genügt bei Cement-
Arbeiten indefs durchaus nicht. Vielmehr müssen Mauer- und
Jachsteine vor der Verwendung in einem Gefäfls mit Wasser
vis zur Sättigung eingetaucht liegen. Je nach der mehr oder
mindern Dichtheit der Masse und der Trockenheit der Steine
erfolgt diese Sättigung langsamer oder schneller, unter minder
oder stärkerem Schwirren und Aufsteigen von Luftblasen.
Verlieren sich letztere Erscheinungen, so ist dies ein Beweis,
dafs das Wasser die Luft aus: den Poren der Steine verdrängt,
diese sich mit Wasser gefüllt haben, und so die Sättigung
eingetreten ist.