40
Stuttgarter Uni-r
-Jannover-Messe Industrie 1987
Der Zündfunke für das Sternenfeuer
institut für Plasmaforschung und die Kermfusion
:nergie aus der Verschmelzung
leichter Atomkerne, das ist das
Ziel der Kernfusionsforschung.
Aus einem Gramm Brennstoff las-
zen sich durch Kermnfusion theore-
isch 50000 Kilowattstunden
znergie gewinnen, das entspricht
jer Verbrennungswärme von
;echs Tonnen Kohle. Die Brenn-
stoffe sind nahezu unbegrenzt
rorhanden: Deuterium (schwerer
Vasserstoff) ist im Verhältnis
:5000 in normalem Wasser ent-
‚alten, das radioaktive Tritium
überschwerer Wasserstoff) kann
n Reaktor aus dem häufig vor-
ommenden Element Lithium „er-
rütet“ werden. Plasmaforscher
‚er Universität Stuttgart beschäf-
igen sich mit der Aufheizung von
jasmen mit Hochfrequenzwel-
en. Ihre Neuentwicklungen sind
nternational gefragt.
Die Energie stammt aus der
jmordnung der Atomkerne“, er-
(ärt Dr. Günter A. Müller vom Insti-
ut für Plasmaforschung der Uni-
‚ersität Stuttgart. „Zwei leichte
<erne verschmelzen zu einem fe-
ster verbundenen, schwereren,
jabei wird Energie frei“. Atomker-
16 fusionieren aber nicht freiwillig.
Sie sind elektrisch positiv geladen
ınd stoßen sich somit gegenseitig
ab. Die Kerne müssen mit hoher
3äeschwindigkeit aufeinanderpral-
'en, d.h. auf Temperaturen von
iber 100 Millionen Grad erhitzt
verden, um die Abstoßungskräfte
zu überwinden. Bei solchen Tem-
Jeraturen, sechsmal heißer als das
nnere der Sonne, werden die Ato-
ne eines Gases in ihre Bestandtei-
e zerlegt. Kerne und Elektronen
jewegen sich unabhängig vonein-
ander. Man erhält ein Plasma. Das
Ziel der Kernfusionsforschung ist
lie Verschmelzung von Deute-
jum- und Tritiumkernen zu He-
jumkernen. Diese enthalten zwei
Jeutronen und zwei Protonen. Das
iberzählige Neutron (Deuterium
ınd Tritium besitzen zusammen
irei Neutronen) transportiert 80
)rozent der gewonnenen Energie,
die zur Stromerzeugung genutzt
nerden soll.
100 Millionen Grad
\och ist dieses Ziel technisch
ıicht erreicht, wenn auch physika-
isch schon sehr nahe gerückt: Im
veltweit größten KernfusionsexX-
jeriment JET (Joint European To-
us) in Culham, England, konnte
lie für Fusion nötige Temperatur
‚on 100 Millionen Grad für etwa
0 Sekunden aufrechterhalten
verden. Lediglich die Wärmever-
uste durch die Reaktorwand sind
ıoch um den Faktor 3 bis 5 zu
ıoch, um nach dem Aufheizen des
Yasmas ein permanentes Fu-
sionsbrennen zu gewährleisten.
Seit den Anfängen der Fusionsfor-
schung in den 50er Jahren wurden
3istungsfähige Plasmaheizverfah-
an entwickelt. Zunächst benutzte
ı1an einen im Plasma fließenden
;trom, später heizte man auch
'urch den Einschuß von Neutral-
zilchen oder mit Hochfrequenz-
'ellen (HF-Wellen) im Meter- bis
1illimeterbereich. Besonders in-
zressant sind dabei leistungsstar-
e Millimeterwellen, die ihre Ener-
ie an die Elektronen des Plasmas
bgeben. „Wegen ihrer kurzen
/ellenlängen sind sie leicht zu
ündeln und können punktuell
ingesetzt werden“, erläutert Dr.
lanfred Thumm vom Institut für
lasmaforschung, „man kann mit
ınen gezielt nur das stark absor-
jerende Plasmazentrum heizen,
‚as erleichtert das Erreichen der
ündbedingungen.“
Besondere Verdienste
‚uf diesem Gebiet erwarben sich
lie Forscher der Abteilung Plas-
ı1aheizung des Instituts für Plas-
1aforschung der Universität Stutt-
art besondere Verdienste. Unter
er Leitung von Professor Dr. Roli
filhelm entwickeln und bauen Dr.
lanfred Thumm, Dr. Walter Kaspa-
ak, Dipl. Ing. Heiga Kumrie, Dr.
iünter A. Müller und Dr. Paul-Ger-
ard Schüller Teile zur Erzeugung,
mwandlung, Weiterleitung und
instrahlung von Millimeterwellen.
je HF-Wellen werden mit einer
peziellen _Hochleistungsröhre,
iyrotron genannt, erzeugt. In ihm
ird ein Teil der kinetischen Ener-
je eines Elektronenstrahls in
IF-Energie umgesetzt. Der derzei-
3 erreichbare Wirkungsgrad liegt
2130-40 Prozent. Teile des Gyro-
ons und die hochstabile Netzver-
orgung wurden von den Stuttgar-
ır Forschern entwickelt. Die Welle
ird über sogenannte überdimen-
jonierte Hohlleiter, die einen
‚uurchmesser von mehr als sechs
entimeter haben, in das Plasma
ingespeist. Dabei durchläuft sie
ine Reihe von „Transformatoren“,
je die Ausgangswelle schrittwei-
a in eine plasmaangepaßte, linear
olarisierte Form umwandeln. Die
[ransformatoren“ sind spezielle
'ohlleiter mit variabler, computer-
erechneter Innenwandung. Die
ınere Struktur wird auf dem Uni-
igenen CRAY-1-Computer er-
schnet. Bei der Fertigung werden
ıodernste CNC-Maschinen ein-
esetzt. Die gesamte Ubertra-
ungsleitung wird von den Stutt-
arter Plasmaforschern gestaltet
nd hergestellt. Sie erreicht einen
jesamtwirkungsgrad von 90 Pro-
ant.
'jerzeitig wird am Max-Planck-In-
‚titut für Plasmaphysik (IPP) in Gar-
‚hing die wesentlich vom Stuttgar-
ar Institut entwickelte Gesamtan-
ıge mit einer Million Watt Mikro-
‚ellenleistung in Betrieb genom-
‚en und getestet. Zur Überwa-
N AUıSsıyer BOSCH Montageroboter mıt sensorste.
;»hung der Wellentransformation
ıat die Gruppe ein Hochfrequenz-
pektrometer entwickelt (Patent
.ngemeldet). Es wird an Firmen
ınd Forschungsinstitute in der
lanzen Welt verkauft.
Fokussierte Strahlung einer Fre-
juenz von 70000 Millionen Hertz
‚ei 200000 Watt Leistung entzün-
let eine daumendicke Buchen-
1olzplatte in weniger als einer Se-
unde*“, erklärt Dr. Günter A. Müller.
Jem Brennfleck entweicht eine
ıroße Stichflamme.“
ja man die Leistung von HF-Wel-
an nicht ständig mit Holzplatten
iberprüfen kann, haben die Plas-
naforscher eigens ein Präzisions-
<alorimeter entwickelt. Das Patent-
‚erfahren läuft bereits.
die verschiedenen Hohlleiterkom-
jonenten, das Wellenspektrome-
er und das Präzionskalorimeter
iind vom 1. - 8. April auf der Hanno-
'er Messe/Industrie 87 zu besich-
igen.
Jürgen Zimmermann
— | —
Personalien...
die Mannschaft der Abteilung Plasmaheıizung und ihr Ausstellungsstück.
= =
Berufliche Bildung
Keine Innovation ohne Qualifika-
ion. Über diese Formel bestand
ıuf einer Fachtagung, im Auftrag
jes Bundesministeriums für Bil-
lung und Wissenschaft (BMBW)
‚eranstaltet vom _Fraunhofer-
nstitut für Arbeitswirtschaft und
Drganisation (IAO) im Oktobeı
986 im Wissenschaftszentrum in
3onn, Einigkeit unter etwa 160
"eiilnehmern aus Wirtschaft, Ver-
)jänden, Behörden, Wissenschaft
ınd Bildunaseinrichtunagen.
Ar des Bundesinstituts für Berufs-
»ildung (BIBB), Dr. Hermann
Schmidt, stellte die Bedeutung von
‘Aodellversuchen als Instrumente
‚ür Innovation heraus; die Verbrei-
‚ung von Versuchsergebnissen sei
edoch zu verbessern, indem sie
systematisch in Seminarkonzep-
en in der beruflichen Bildung
Jenutzt werden.
Die Fachtagung diente der Bilan-
zierung breit gestreuter staatlicher
wie privatwirtschaftlicher Aktivitä-
ten im Feld „Neue Technologien
ınd berufliche Bildung”. Hierzu
ı1aben insgesamt 10 Referenten
ler 1AO, des BIBB, von Industrie-
yetrieben und Bildungseinrichtun-
jen konkrete Erfahrungen und
»ositive Lösungsbeispiele aus
3ereichen Büro, Produktion und
3ildungspraxis vorgetragen.
Als unbefriedigend wurde heraus-
jestellt, daß Qualifizierungsmaß-
ıahmen häufig zu spät oder zu
»berflächlich mit dem Einsatz einer
ı1euen Technik und der Arbeitsor-
janisation verknüpft werden. Auch
vurden Zweifel laut, ob die päda-
Jogische Kompetenz der Ausbil-
jer, Lehrer und Dozenten den
ı18euen Anforderungen genüge.
Gaefordert wurde neben anderem
die Transparenz des Weiterbil-
dungsmarkts als Standard.
der Parlamentarische Staatsse-
c<retär im BMBW, Anton Pfeiffer
;tellte demgemäß konkrete Anfor
lerungen an die berufliche Weiter-
- ildung; so sollte die spürbare
rof. Dr. Dietrich Uebing, langjähri- )istanz zwischen betrieblichen
jes Mitglied der Geschäftsführung ınd schulischen Strategien zur
les TÜV Rheinland und außerplan- Qualifizierung verringert werden.
näßiger Professor der Fakultät ’rofessor Hans-Jörg Bullinger
:nergietechnik der Universität „eiter des IAO und Leiter der Abtei-
stuttgart, ist mit dem Bundesver- ung Arbeitswissenschaft des
jenstkreuz am Bande ausge- astituts für Industrielle Fertigung
eichnet worden. Er erhielt die nd Farikbetrieb, zeigte die Per-
‚uszeichnung in Anerkennung pektiven einer weiteren Automati-
einer großen Verdienste um die ;gerung in Produktion und Bürc
jicherheitstechnik in der Bundes- auf; die berufliche Weiterbildung
apublik Deutschland. Ihm ist ins- nüsse den Menschen befähigen
‚esondere zu verdanken, daß <ompetent und verantwortungsvol|
echnische Großaniagen und der nit über den Einsatz neuer Techni-
ransport gefährlicher Güter si- x<enzuentscheiden und ihn humar
:herer gemacht werden konnten. nitzugestalten. Der Generalsekre-
Hannover-Messe Industrie 1987
Die Roboter lemen sehen
nstitut für Steuerungstechnik der Werkzeugmaschinen
ınd Fertigungseinrichtungen
toboter mit optischen Sensoren,
lie dank eines eigenen entwickel-
en Programmpakets lemfähig
ind, stellt das Institut für Steue-
ungstechnik auf der Hannover
Aesse/Industrie 87 aus. Das zwei:
e Exponat demonstriert ein Ro-
‚oterbaukastensystem. Der Käu-
'er kann sich die passende Aus-
ührung selbst zusammenstek-
‚en. In den Gelenken sitzen Dreh-
trommaschinen. Sie sorgen für
beweglichkeit in die verschieden-
;:ten Raumrichtungen. Komplizier-
e und teure Getriebe sind bei die-
ser Bauweise nicht mehr nötig.
Jas am ISW entwickelte Program-
niersystem für die Roboterspra-
»he BAPS (Bewegungs- und Ab-
auf-Programmier-Sprache) ist als
Teil der Robotersteuerung für die
ndirekte Programmierung von In-
Justrierobotern geeignet. Der Pro-
zrammierer erhält durch eine Er-
veiterung von BAPS die Möglich-
<eit, den Betrieb von komplexen
Sensoren zu steuern. In gewissen
Grenzen kann sich der Roboter
auch selbst programmieren. Er er-
laßt die Oberflächengeometrie von
Werkstücken mit mechanischen,
induktiven oder optischen Senso-
ren und setzt seine „Erkenntnisse“
in Bewegungen um.
Roboter steuert sich selbst
Die neueste Entwicklung auf die-
sem Gebiet ist ein Roboter, deı
sich über Bildverarbeitungssenso-
'en selbst steuert. Dazu wurde eir
>)rogramm erstellt, das die Sensor-
laten sehr schnell aufarbeiten una
71 Steuerbefehle für die Motorik
imsetzen kann. Die Sensorer
kleine Fernsehkameras) macher
om Werkstück 50 Bilder pro Se-
sunde. Diese werden digitalisiert
l.h. in Bildpunkte zerlegt. Jeder
3ildbpunkt sind verschiedene
arauwertstufen zugeordnet. Das
drogramm vergleicht dann laufend
lie Grauwertstufen der einzelnen
3ildpunkte. Aufgrund dieser Daten
Jibt die Robotersteuerung Befehle
an die Gelenkantriebe weiter, der
Zoboter reagiert.
Industriekooperationen
Jas ISW arbeitet häufig mit indu-
triellen Partnern zusammen. Im
tlahmen gemeinsamer Projekte
‘der gezielter Aufträge leistet das
ıstitut grundlegende Entwick:
ıngsarbeit. Die Pilotanwendung
rfolgt dann praxisgerecht in den
abrikhallen. „Interessenten für
‚nsere Entwicklungen sind ver.
iıchiedene Automobilhersteller
lie Maschinenbauindustrie und
Steuerungshersteller“, erklärt Dipl
ng. Gerhard Gruhler vom Institut
ür Steuerungstechnik der Werk-
'eugmaschinen und Fertigungs-
änrichtungen (ISW) der Universi
ät Stuttgart, „die Abteilung Indu:
:trieroboter und AReaeltechnik
stellt seit Jahren erfolgreich auf de"
Hannover Messe aus“
Montage und Handhaben
Der sehende Roboter wurde in en-
zer Zusammenarbeit mit der Indu-
strie entwickelt. Er ist in der Monta-
je und beim Handhaben und Sor-
jeren von Teilen einsetzbar. Aus
ziner Vielfalt von verschiedenen,
jich bewegenden Teilen kann er
#inzelne erkennen, auswählen,
‚erfolgen und greifen, um sie an-
ichließend einzusetzen. „Er kann
Nerkstücke, die sich undefiniert
Jewegen, laufend verfolgen. Dabei
st er zehnmal schneller als die bis-
1er verfügbaren Produkte“, erläu-
‚ert Dipl. Ing. Gruhler.
Jer sehende Roboter wird in Han-
ı1over vom 1.-8. April auf dem
Stand der Universität Stuttgart
arstmals ausgestellt.
Jas ISW ist außerdem auf dem
Stand des Kernforschungszen-
rums Karlsruhe vertreten. Dort
vird ein Roboter gezeigt, der aus
3aukastenelementen besteht. Er
<ann so auf einfache Weise an ver-
ichiedene Aufgaben angepaßt
verden. Der Käufer erhält eine
naßgeschneiderte Ausführung.
Durch die Modulbauweise kann
auf mechanische oder hydrauli-
sche UÜbertragungsglieder ver-
zichtet werden. Der Roboter wird
jadurch vibrationsärmer, leichter
ınd billiger. Jürgen Zimmermanr