V. Aufkommen der Reform
Die ersten Jahrzehnte des Salischen Kaiserhauses
Zu Anfang des 10. Jahrhunderts war im französischen Burgund
das Kloster Cluni (Cluniacum) gegründet worden, das unter einer
Reihe von frommen und willensstarken Äbten die Strenge der ur—
sprünglichen Satzungen Benedikts wiederherzustellen suchte, ja sie noch
verschärfte. Eine zweite Reformrichtung kam in Lothringen
auf, wo die Benediktinerregel in den Klöstern ganz außer Übung ge—
raten war: hier wurde die asketische Frömmigkeit des ursprünglichen
Mönchslebens noch stärker betont. Die lothringische Bewegung blieb
nicht ohne Einfluß auf den deutschen Episkopat und auf Otto J. In
dessen Gegenwart wurde auf der Augsburger Synode 952 beschlossen,
daß die Bischöfe verpflichtet seien, die Klöster zu visitieren und zu re—
formieren). Schon frühe hatte die entsagende Richtung eine Stätte in
Mariä Einsiedeln südlich des Züricher Sees gefunden'); die
Klause Meinradszell war 934 durch den Straßburger Dompropsft Eber⸗
hard in ein Kloster umgestaltet worden, in dem sofort dieselbe gewissen—
hafte Beobachtung der Regel Benedikts galt wie in den lothringischen
Konventen. Als Eberhard nach 24jähriger Leitung hinschied, bewahr⸗
ten seine Nachfolger die herbe Zucht, die er begonnen hatte. Im
10. Jahrhundert stand dem Kloster der reformbegeisterte Angelsachse
Gregor vor, der weithin große Verehrung genoß. Auch der heilige
Wolfgang') durchdrang sich in Trier mit den Überzeugungen der
lothringischen Mönche; nach dem Tode des Erzbischofs Heinrich 964
faßte er den Entschluß, sich als Mönch in das Kloster Gregors zu be—
geben, wo seine ungewöhnliche Lehrkraft Schüler aus der Nähe und
Ferne anzog. Als Wolfgang 972 Bischof von Regensburg wurde,
übertrug er die strengere Richtung in die bayrischen Mönchsgenossen—
schaften: der erste Abt des von ihm geordneten Klosters Altaich im Re—
gensburger Sprengel wurde ein Schwabe Erkanbert'). Auch in den schwä⸗
bischen Reichsklöstern suchte man durchzugreifen. Eingehend, aber freilich
schon in sagenhaft gewordener und dichterisch bearbeiteter Überliefe—
rung, sind wir durch den Geschichtschreiber Ekkehard (IV.) über St. Gal⸗
len unterrichtet: Otto J. hatte einen Mönch von St. Maximin in Trier
geschickt, um es zu reformieren; als dieser nicht durchdrang, betraute
der Kaiser damit eine ganze Kommission von Bischöfen und bten,
1) Hauck III S. 3875. — 2) Odilo Ringholz, Des Ben.⸗Stifts Einsiedeln Thätigkeit für
die Reform deutscher Klöster vor dem Abte Wilhelm von Hirsau: Stud. u. Mitt. aus dem
Benedietiner- und dem Cistercienserorden VII, 18886, S. 50 if. 269 ff. Hauck 111 S. 376
3) Siehe S. 99. — 4) Hauck III S. 377. 383 ff.