Die Merowingerzeit
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lagen, daß die frühesten Kirchen auf den Königshöfen errichtet wur—
den. Solche Gotteshäuser begegnen uns in Lauffen und Heilbronn am
Neckar, ferner auf der Stöckenburg im Maulachgau (bei dem späteren
Städtchen Vellberg), einem auf steilem Hügel hoch über dem Bühlertal
ragenden Kastell, das zur Sicherung jener großen, von Worms an
die Donau ziehenden Hauptverkehrsstraße angelegt wurde, ehe diese
in das damals noch ganz unwirtliche Nadelholzgebiet zwischen der
Fränkischen Ebene und dem Ries hineinführte'). Freilich scheinen je—
denfalls die Kirchen von Heilbronn') und Lauffen nicht als Leut— oder
Taufkirchen gegründet zu sein. Die in Lauffen und Stöckenburg waren
dem heiligen Martinus, die in Heilbronn dem Erzengel Michael ge—
weiht'ꝰ). Der gewaltige Bischof Martin von Tours mit seinem rast—
losen und unermüdlichen Wirken, seinem kräftigen, volkstümlich ge—
sunden Wesen, der seinen eigentlichen Beruf in der Bekehrung des
Landvolks vom Heidentum gesehen und seinen eisenfesten Willen dar—
an gesetzt hatte, den Götzendienst und die stete Bosheit des Teufels zu
bekämpfen, der Mann mit dem kindlich weichen Herzen, der Liebe für
die Tierwelt und der steten Hilfsbereitschaft bei den hundert Anliegen
und Bedürfnissen, die ihm von überallher entgegentraten, der beson—
dere Schutzherr des fränkischen Königshauses, war so recht geeignet,
der Heilige der jungen Christengemeinden zu werden; ihm wurden
die ältesten Kirchen des Landes geweiht. Wo germanischer Gottesdienst
sich befunden hatte, erkor man den streitbaren Michael, den Über—
winder der gefallenen Engel; dieser trat an die Stelle der bisher ver—
ehrten Gottheit. Die gestürzten germanischen Götter, deren ferneres
Walten man keineswegs bestritt, galten fortan als Dämonen, als
Teufel, gegen deren immer noch gefürchtete Macht man den Wunder—
kräften der Heiligen vertraute.
Außer an den Königshöfen entstanden die frühesten Kirchen an den
Sitzen der Grafen und an den Malstätten der Hundertschaften. So
scheinen Hochadelige in Ingersheim am Neckar, in Wülfingen (ab—⸗
gegangen gegenüber dem späteren Forchtenberg) am Kocher, in Roß—
feld an der Maulach gesessen zu sein, Mittelpunkt einer Hundertschaft
war zum Beispiel Großbottwar; hier wie in Ingersheim und Roß—
1) Karl Weller, Das Alter der Stöckenburg: Württembergisch Franken N. F. XIV, 1927,
S. 37 ff. — ) Karl v. Müller, Michaelsbasilika. Michaelskapelle und Kilianskirche in Heil—
bronn: Württ. Vjsh. für Landesgeschichte N. F. XXVI, 1917, S. 253 ff. Vgl. H. Bauer,
Böckingen und Altböckingen: Wirtembergisch Franken VIII I1, 1868, S. 54 ff. — 9) Wirtem—
bergisches Urkundenbuch J S. 101 Nr. 87, Urkunde Kaiser Vudwigs von 823, Bestäti—
zung der Schenkung Karlmanns von 742 an das Bistum Würzburg: hasilicam in pago
Neccraugauginse, quae est constructa in villa quae dicitur Hlauppa in honore sancti
Martini . . . in ipso pasgo basilicam in villa Helibrunna in honore sancti Michahelis
archangeli constructam .. . . in pago NMoligaugio infra casstro Stochamburs basilica
sancti Martini. Mühlbacher, Die Regesten des Kaiserreichs unter den Karolingern 751 bie
318. S. 304 Nr 768