Full text: Württembergische Kirchengeschichte bis zum Ende der Stauferzeit

324 Kirchliche Anstalten und geistliche Versorgung 
verleibt)y. Die Bände des Wirtembergischen Urkundenbuchs über die 
Stauferzeit sind voll von solchen Inkorporationen, die man dazu ver⸗ 
wandte, um Klöstern oder Stiftern weitere Einnahmen zuzuführen, 
manchmal um neue Stiftungen überhaupt wirtschaftlich sicherzustellen. 
Man sah solche Einverleibungen gewöhnlich als eine rein finanzielle 
Maßnahme an. Die Pfarrpfründe und die rechtliche Vertretung der 
Pfarrei stand nun dem Kloster oder Stift zu; eine große Zahl von 
Pfarreien verlor so ihre Selbständigkeit. Da die Einziehung des Pfarr—⸗ 
vermögens die wirtschaftlichen Grundlagen der Pfarreien zu zerstören 
drohte, so verlangte man bald bei den Schenkungen, daß der Bischof 
und das Domkapitel ihre Zustimmung geben und daß ein ausreichen⸗ 
des Einkommen für den Seelsorger ausgesetzt werde; doch war dieses 
meist kärglich genug. 
Die neuerrichteten Städte waren oft neben den bisherigen Dörfern 
oder etwas entfernter von diesen errichtet worden, wo eben der Platz 
für eine Befestigung günstig lag. Aber bei manchen wurde auch die 
Stätte des alten Dorfes oder ein Teil desselben mit der Pfarrkirche in 
den Mauerring hereingenommen, wie dies z. B. bei Eßlingen, Heil—⸗ 
bronn, Wangen im Allgäu, Weinsberg, Ellwangen, Leutkirch, Mark⸗ 
gröningen, Ohringen, Schorndorf und Stuttgart der Fall war. Na⸗ 
türlich gewannen diese Kirchen bei der vermehrten Bevölkerung nun 
eine größere Wichtigkeit; wo sie nur Filialen waren, überragten sie 
bald an Bedeutung die Mutterkirche, so Hall die von Steinbach, Stutt⸗ 
gart die von Altenburg. Bei andern Städten blieb die Pfarrkirche noch 
lange im alten Dorf neben der neuen Gründung oder bestand als 
solche weiter, selbst wenn das Dorf abgegangen war. In Rottweil kam 
die alte Pfarrkirche in der Altstadt außerhalb der Mauern zu liegen, 
die Pfarrkirche der Stadt Lauffen rechts vom Neckar war nach wie 
vor im Dorfe Lauffen links des Flusses, die der Stadt Buchhorn im 
Dorfe (jetzt Hofen genannt) unmittelbar neben dem Kloster. Nicht sel⸗ 
ten befand sich die alte Pfarrkirche im weiter benützten Friedhof 
außerhalb des Mauerkranzes, so zu Reutlingen St. Peter in den Wei⸗ 
den, da wo heute der Gottesacker und die untere Stadt liegen; 1538 
wurde sie abgebrochen. Die Stadt Göppingen war bis 1620 in die 
Kirche zu Oberhofen, heute auf dem alten Friedhof, eingepfarrt, wo 
einst das Dorf Göppingen stand, die Stadt Nagold noch lange in die 
Oberkirche auf dem Gottesacker jenseits der Nagold (die Remigius— 
kirche), die Stadt Balingen in die jenseits der Eyach liegenden Pfarr—⸗ 
kirche Unserer lieben Frau, die Stadt Waiblingen in das alte Gottes— 
haus, das die Rems jetzt von ihr schied. Wenn für eine Stadtgründung 
) Gerhard Kallen, Die oberschwäbischen Pfründen des Bistums Konstanz und ihre 
Besetzung (1275 1508): Kirchenrechtliche Abhandlungen hsqg. v. Stutz 45. 46,. 1907, S. 206 ff.
	        
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