Full text: Württembergische Kirchengeschichte bis zum Ende der Stauferzeit

Städtische Pfarreien 
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eine ganz neue Stätte gewählt wurde, sparte man bei der Anlage 
wohl gleich einen Platz für die künftige Stadtkirche aus, meistens am 
Marktplatz. Schon 1247 gelobten die Bürger von Reutlingen, der 
Maria eine Kirche zu bauen; auch die Stadtkirche zum Heiligen 
Kreuz in Rottweil fällt in verhältnismäßig frühe Zeit, da sie noch im 
Ubergangsstil von der Romanik zur Gotik begonnen ist. Den Pfarrsatz 
der neuen Stadtkirchen hatten die Stadtherren, in den Reichsstädten 
der König. Manche Städte blieben noch lange in ein Dorf eingepfarrt, 
so Horb in das südwestlich gelegene Ihlingen am Neckar. Manchmal 
änderte eine neue Stadtanlage mit ihren Erweiterungen im Lauf der 
Zeit auch den alten Pfarrsprengel. Die im letzten Drittel des 12. Jahr⸗ 
hunderts erbaute Stadt Hall mit ihrer Michaelskirche fiel noch lange 
in den Bezirk der Pfarrei Steinbach; der während des 13. Jahrhun—⸗ 
derts jenseits des Kochers entstandene Stadtteil, die Katharinenvor— 
stadt, gehörte anfänglich zur Pfarrei Westheim. Das Patronat der 
St. Katharinenkirche, die sich während der zweiten Hälfte des 13. Jahr⸗ 
hunderts erhob, stand mit der Pfarrei Westheim dem Kloster Murr— 
hardt zu. Es waren manche Bemühungen nötig, um ein kirchliches 
Zusammenarbeiten aller Stadtbewohner zu erreichen. 
Eine Minderung erlitt die seelsorgerliche Tätigkeit der Pfarrgeist— 
lichen besonders in den Städten durch die Bettelorden, dessen Mit—⸗ 
gliedern päpstliche Privilegien das Predigen und Messelesen, das 
Beichthören und das Begraben gestatteten, ohne daß sie die Zustim— 
mung der ordentlichen Geistlichkeit hätten einholen müssen. Es war 
damit ein von den Ortspfarrern, den Dekanen, Archidiakonen und 
Bischöfen unabhängiger Seelsorgeklerus geschaffen; bei aller Anerken— 
nung seines eifrigen Wirkens konnten Reibungen und Spannungen, 
überhaupt ein Widerstand gegen seine Vorrechte kaum ausbleiben. 
Nachdem das Minoritenkloster zu Hall gegründet war, mußte Bischof 
Hermann von Würzburg die Weltgeistlichen auffordern, daß sie gänz— 
lich davon abstünden, die Mönche am Predigen und Beichthören zu 
hindern, überhaupt die besonders geliebten Söhne der Kirche zu be— 
schweren)). 
Von der kirchlichen Frömmigkeit des Volks in dieser Zeit 
wissen wir freilich nicht allzu viel. Die religiöse Empfänglichkeit und 
Erhebung, wie sie die Reformzeit eingeleitet hatte, dauerte noch lange 
fort. Auch die Laien verlangten nach der reicheren Gottesliebe des 
Mönchstums, auch sie erstrebten die christliche Vollkommenheit, wie sie 
dem Wunschbild dieser Jahrhunderte entsprach. Jedenfalls die Ver⸗ 
ehrung der Jungfrau Maria wuchs damals sehr; viel trugen dazu 
die Klöster bei, vor allem die der Cisterzienser, Franziskaner und Do⸗ 
iJ Wirt. Urt. B. III S. 378 Nr. 880. Die Urkunde fällt wohl einige Jahre nach 1236.
	        
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