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Literarische und künstlerische Kultur
Die Buchmalerei wurde in den Klöstern weitergepflegt. Zu Be—
ginn des 13. Jahrhunderts kommt der leuchtende Goldgrund auf, von
dem sich die Figuren viel stärker abheben. Eines der drei Zwiefalter
Passionalen verrät seine Entstehung unter Abt Konrad um 1170, wäh⸗
rend das dritte erst ins 13. Jahrhundert fällt)y. Das von Reinhard
Mundrich, dem späteren Abt (1232 -1234), ausgearbeitete Zwiefalter
Nekrologium ist durch einen Laienbruder Wernher ausgeziert, der sich
selber mit jenem in bunter Federzeichnung darstellte“). Aus der Zeit
des Weingarter Abts Bertold (1200 - 1232) hat sich in Wien ein präch—
tiges Meßbuch erhalten“). Andere Werke aus Weingarten, Weissenau,
Schussenried befinden sich jetzt in den Bibliotheken zu St. Gallen,
Donaueschingen und Fulda. In einem Heiligenbuch, das bis in die
Gegenwart zu Sigmaringen aufbewahrt wurde, hat sich der Bruder
Rufillus von Weissenau an einem Schreibpult sitzend gezeichnet').
Durch ihren vielgestaltigen Gottesdienst setzte die Kirche alle Künste
in Tätigkeit. Auch das Geringste wurde mit Liebe und Geschmack ver—
ziert, für alles eine sinnige Schmuckform gefunden; fast jede Einzelheit
hatte ihre bestimmte sinnbildliche Bedeutung. Noch im 12. Jahrhundert
war die Geistlichkeit die Lehrmeisterin in allen höheren Arbeiten ge—⸗
wesen; im 13. lag das Kunstgewerbe meist schon in den Händen
weltlicher Meister. Viele Werke kamen auch vom Ausland, von Italien
und Frankreich. Nicht wenige Reliquien waren in Gold gefaßt, die
Klosterkirchen insbesondere reich an kostbaren, edelsteinbesetzten Kreu—
zen, an Kelchen, Weihrauchgefäßen, gestickten Meßgewändern und
Teppichen. An den Kirchtüren brachte man kunstvoll gearbeitete Tür—
beschläge an, ferner Türklopfer, Löwenköpfe mit Ringen im Maul,
wie z. B. in Sindelfingen“). Im Gottesdienst der großen Münster wur—
den bereits Orgeln verwandt. Ein Priestermönch Aaron in Comburg,
ein ausgezeichneter Musiker, baute für den Dom zu Konstanz wie für
die Klosterkirche zu Petershausen um 1160 vortreffliche Orgelwerke').
Auch die Kirchenglocken wurden immer zahlreicher. Auf einer Glocke,
die noch die alte enge Form der Kuhschelle zeigt, ist der Name des
Glockengießers Berthold angebracht'). Eine Glocke aus Alpirsbach
trägt die Bitte um Bewahrung vor Hagel und Unwetter. Manche ha—
1 E. Gradmann, Das Kunstleben der Staufenzeit S. 53. — ) Karl Löffler, Schwäbische
Buchmalerei in romanischer Zeit (1928) S. 77: Wernherus pictor. Reinhardus Mundrich.
8) Ed. Frhr. v. Sacken, Die K.K. Ambraser-Sammlung II, 1855, S. 1975199. Auf der
Rückseite des Einbandes sieht man in Lünetten drei Figuren mit beigeschriebenen Namen:
s8. Maria, Bertholdus abbas und Udalricus, einen Mönch, der ein Bild zu schnitzen scheint,
vielleicht den Künstler, der das Buch mit Malereien versah oder den Deckel schnitzte.
2) E. Graomann S. bUff. — 5) Ebenda S. 62.
5) Chronicon monasteril Petrishusensis IV, M. G. h. SS. XX p. 660 (von Abt Konrad,
gest. 1169: conduxit monachum quendam nomine Aaron presbyterum de Chamberech,
musicae artis peritissimum, qui fecit ei organa elegantissimae modulationis. Ipse iam
antea ejusdem generis instrumentum Constantiensi ecclesiae fecerat.
7 Bertholt me fecit. Gradmann S. 62.