Full text: Württembergische Kirchengeschichte bis zum Ende der Stauferzeit

Pippin und Karl der Große 
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Nach Pippins Tod 768 erhielt von seinen Söhnen Karl Neustrien 
und das fränkische Austrasien, Karlmann das südöstliche Frankreich 
und Alamannien. Schon 771 starb dieser, wodurch die Einheit des 
Reichs aufs neue hergestellt wurde. Karl, später der Große ge— 
nannt, setzte das Werk seines Vaters fort. Durch seine besonnene Tat⸗ 
kraft hob sich allenthalben die Wirksamkeit der Kirche; die von Boni— 
fatius begonnenen Reformen und damit die von den Angelsachsen ge⸗ 
kommenen Anregungen wurden nun überall Tat und Leben. Karl 
brachte den kirchlichen Angelegenheiten volles Verständnis entgegen, 
aber er behandelte und regelte sie in ganz gleicher Weise wie die sonsti⸗ 
gen Dinge des Reichs; er hielt es für seine Herrscherpflicht, der Kirche 
nicht nur seinen Schutz zu gewähren, sondern auch die Kirchenzucht zu 
wahren, ja selbst die Reinheit des Glaubens zu überwachen. Der von 
ihm gestützte Papst war für ihn nur der erste, mit gewissen Vorrechten 
ausgestattete Bischof der universalen Kirche. Nach wie vor ernannte 
Karl innerhalb seines Reichs die Bischöfe, die vielfach im Reichsdienste 
tätig waren. Mainz erhob er 780 zum Erzbistum, dem auch die 
Bistümer Worms, Speyer, Würzburg, Augsburg und Konstanz zugeteilt 
wurden. Die kirchliche Macht der Erzbischöfe war freilich beschränkt, 
immerhin verpflichtete Karl die Bischöfe, ihnen zu gehorchen. Die von 
Pippin eingeführten Reichssynoden wurden erneuert; von den Reichs— 
versammlungen waren sie nicht streng geschieden: Bischöfe und Äbte 
traten eben bei den Reichssstagen oft zusammen, um die geistlichen An— 
gelegenheiten zu beraten. Die Beschlüsse kamen in Gegenwart des 
Königs zustande oder bedurften wenigstens seiner Einwilligung. Am 
Obereigentum über das Kirchengut hielt Karl zwar fest: es sollte dem 
allgemeinen Wohle dienstbar sein. Doch erlitt es unter ihm keine Ver⸗ 
gewaltigung, der Besitz der Kirche vermehrte sich vielmehr rasch und 
beträchtlich. Sie hatte längst schon den Anspruch auf die Befugnis er⸗ 
hoben, den Zehnten von den Erzeugnissen des Ackerlands einzuziehen, 
dieser war aber bisher mehr als fromme Übung, als freiwillige Lei— 
stung angesehen worden. Karl gebot, daß er fortan ohne Ausnahme 
entrichtet würde, und sicherte dadurch den wirtschaftlichen Bestand der 
einzelnen Kirchen. Diese erzwungene Besteuerung wurde natürlich 
lange als sehr drückend empfunden. Die Sonntagsruhe sollte am 
Samstagabend beginnen; während des ganzen Sonntags hatten die 
öffentlichen Geschäfte, landwirtschaftliche wie Bauarbeiten, zu ruhen. 
Karl förderte auch die auf Einheit der Kultusformen gerichtete Be— 
wegung: die lateinische Messe, der lateinische Kirchengesang wurden 
nun im Frankenreiche eingeführt. 
Als Karl die Sachsen unterwarf, zog er die andern Stämme des 
Reichs herbei, um das Sachsenvolk dem christlichen Glauben zuzufüh⸗ 
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