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Neckarkreis.
Der Neckarfluß, schon seit alter Zeit der Schifffahrt dienstbar, rinnt fröhlich
hinab an einer Reihe von Städten und Städtchen, worunter einige der größten,
reichsten und schönsten des Landes, wie Eßlingen, Cannstatt-Stuttgart, Heilbronn.
Bis zur Landesgrenze unterhalb Wimpfen zieht sich das Thal meist in großen
hufeisenförmigen Bögen hin, die an seine Ufer gedrängten Städte und Dörfer malerisch
dem Auge verschiebend und verschränkend.
Die Landschaft des Neckarkreises hat natürlich die Züge der anstehenden Ge-
steinsarten. Das Thal selbst beherrscht von Cannstatt abwärts der Muschelkalk, mit
strengeren Formen, weiter oben im Thal und auf allen Höhen der Keuper, der mit
seinem fortwährenden Wechsel von weichen Sand- und Thonschichten, zwischen wagrecht
eingezogenen härteren Bänken, reich bewegte Buchten und Absätze zeigt. Darüber
das sanfte Licht eines milden Himmels, eine zarte, wegen der vielen nahen Waldberge
frische und fast immer sturmlose Luft.
Die Hochflächen zu beiden Seiten leiten den Blick über die kantigen Ränder
des Thales und seine tiefen, stillen, vielfach verzweigten Seitenthäler hinweg an die
blauenden Waldberge, voll von Schluchten und Mulden; — Bergstädtchen, Burgen
oder Burgtrümmer auf den vordersten Stirnen. Im Süden, woher der Fluß kommt,
streckt sich in der Ferne quer herüber der lange, oben geradabgeschnittenc starre Felsen
wall der schwäbischen Alb; wieder ein Kalkgebirge. Gegen Abend erscheinen wenig
bestimmt die Streifen des Schwarzwaldes, weiter unten die schönen Keuperberge des
Strom- und Heuchelberges, nach Morgen das etwa 60 Geviertmeilen umfassende Berg
gewirr der „Wälder", des Schur- und Welzheimer, Murrhardter und Mainhardter
Waldes, der Löwensteiner und Waldenburger Berge. Nach Norden ist das Land
offener und schließt mit den seinen Linien des Odenwaldes in lichtstrahlender Ferne.
Der wichtigste und markigste Hintergrund bleibt immer die Alb, die von jedem
Hügel ans, bald näher, bald ferner sichtbar ist und vom äußersten Südwesten bis
zum äußersten Nordosten das schwäbische Land durchdämmt.
In das fast endlose Berg- und Hügelwerk legen sich nur einige größere Ebenen,
wie das Thalbecken von Eßlingen bis Cannstatt-Stuttgart und das bei Heilbronn,
dann die Hochfläche links vom Neckar, bei Ludwigsburg; hiemit sind auch schon die
fünf größten Städte des Kreises genannt.
Woher die ersten Ansiedler gekommen sind, ist in ein Dunkel gehüllt, das sich
mit der Zeit wohl noch etwas lichten wird. — Die frühesten Spuren reichen im
Neckarkreise zurück in die keltische und germanische Zeit vor dem Eindringen der
Römer, um 50 nach Christi Geburt. Aber infolge des langen und gar sorgfältigen
Bodenanbaues sind die Reste aus vorrömischer Zeit dünn geworden. Ans waldigen
Bergausläufern noch Spuren von Ringwällen und Opferstätten, in den wenigen
Waldungen zwischen den Feldern der Ackerebenen noch kleinere Gruppen von Grab
hügeln. Zum Glück entgingen einige der wichtigsten dieser urtümlichen Denkmale ver
möge ihrer riesenhaften Größe dem Schicksal der Einebnung durch den Pflug des
Landmanns: so jene bergartig aus dem Ackerland beim Asberg aufgetürmten
Hügel, von denen zwei geöffnet wurden und aus ihrein Schoß prachtvolle Grab
beigaben, etwa aus der Zeit Alexanders des Großen (st 323 vor Christi Geburt)
wieder ans Licht gaben, verkündend, daß in dieser Vorzeit der steil und einsam aus