Full text: Die Kunst- und Altertums-Denkmale im Königreich Württemberg. Inventar. Neckarkreis (1889)

Neckarkreis. 
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hin der grobkörnige, aber kaum verwitternde obere Keupersandstein zu rauheren Werken. 
Backsteinbau kommt, mit Ausnahme der Römer- und wieder der allerneuesten Zeit, 
so gnt wie keiner vor. 
Aus dem gröberen Sandstein sind die roheren römischen Bildwerke, die Mauern 
der meisten Burgen und der größeren Städte aus der Hohenstaufenzeit, Heilbronn, 
Eßlingen, Weinsberg. Bei kleineren Städten wurden die Mauern meist aus lager 
haften, festen, satt in Mörtel gesetzten Muschelkalksteinen gemacht. Aber die Nähe des 
seinen Sandsteines für so ziemlich alle Orte des Kreises hat bei zarteren Werken stets 
diesen Stein anwenden lassen. 
Weiterhin gaben die starken Eichen der nahen Wälder sich trefflich für Balken- 
häuser der Bauern und Städter her, wie noch manches Rathaus und Wohnhaus 
in Eßlingen, Heilbronn, Besigheim, Bietigheim, Markgröningen, Sindelfingen und in 
vielen Ortschaften zeigt. Freilich viel Verbrennbares ging 
im dreißigjährigen Krieg, 1618—1648, und in den Fran- 
zosen-Einfällen, 1688—1693, für immer verloren. Bis 
auf den heutigen Tag zeugt das ärmliche Aussehen so 
mancher Dörfer und Städtchen dieses Kreises von dieser 
doppelten Zerstörung. Gerade der oft so klägliche, schmuck 
lose Zustand der Kirchen rührt von dieser künstlich herauf 
beschworenen Verarmung und Entvölkerung her. Es ist 
mit Nichten das Bestreben des Luthertums gewesen, die 
Gotteshäuser so nüchtern als möglich zu halten; das be 
weisen die noch erhaltenen Renaissance-Kirchen zur 
Genüge. Aber die entsetzliche Not ließ keine Kunst mehr 
aufkommen, machte die Gemüter stumpf gegen das Schöne 
und Erhabene in der bildenden Kunst. Erst in unseren 
Tagen können die einzelnen Gemeinden, freilich auch jetzt 
noch in bescheidenem Maß, daran denken, gotteswürdige 
Tempel aufzuführen oder wiederherzustellen. 
Aber trotz alledem, die Zahl der erhaltenen Kunst 
werke unseres Kreises ist immer noch überraschend; die meiste Einbuße haben die Dorf 
kirchen erlitten, doch ist die Zahl der spätgotischen noch immer bedeutend. Und die 
besten und größten Werke der Baukunst sind zum Glück noch so ziemlich erhalten; auch 
hervorragende und viele Werke der Bildhauerei, während die Malerei gar fühlbare 
Lücken aufweist, die wohl schon mit Einführung der Reformation begonnen haben. 
Deshalb ist das Bild der Entwicklung der mittelalterlichen Malerei in diesen Gegenden 
ein wenig befriedigendes, besonders der Tafelmalerei; besser steht es um die Wand 
malereien, von denen in neuester Zeit manche wieder von der weißen Kalktünche 
befreit wurden, so daß wir sic im Neckarkreis vom Ende des 13. bis Ende des 
16. Jahrhunderts verfolgen können. Namentlich sind auch noch manche der anderswo 
so selten gewordenen spätgotischen Gewölbemalereien mit Flammen und Blumen er 
halten, deren Schonung bei Erneuerung der Kirchen nicht lebhaft genug ans Herz 
gelegt werden kann. 
Auffallend sparsam waren in unserem Gebiet die geistlichen Sitze, im geraden 
Eckkonsole in Stuttgart.
	        

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