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Schwarzwaldkreis.
eine von Vindomssa in der Westschweiz nach den Neckarquellen und auf der linken
Seite des Flusses nach Cannstatt u. s. w. Von der anderen, die von Westen, von
Frankreich her kam und rechts der Donau bis an das Schwarze Meer ihren Lauf
hatte, streift nur ein Äeines Stück im Süden den Schwarzwaldkreis.
' Erstgenannte Straße fällt zum großen Teil in denselben; sie ist aus der Peu-
tinger Tafel, jener uns noch von den Römern überkommenen, fast noch das ganze
Römerreich umfassenden Straßenprofilkarte, verzeichnet und ist gewiß ein Werk der
Flavischen Kaiser, um 60 nach Christi Geburt, wie schon das an ihr liegende neu
gegründete Ara« Flaviae am Glattthal beweist. Diese Straße, von Vindomssa in
der Westschweiz herkommend und bei den Neckarquellen unser Land betretend, zog,
die alten Kcltenstädte auf ihrem Lauf berührend, von Rottweil an links des Neckars
über das Glattthal nach Rottenburg, um den westlichen Rand des Schönbuchs herum
an Herrenberg und Böblingen vorbei auf Cannstatt am Neckar; von da ostlvärts
das Remsthal hinauf ins Ries und, den fränkischen Jura (Hahnenkamm) umstreifend,
an Gnotzheim und Weißenburg am Sand vorbei und von da, den fränkischen Jura
erklimmend, in südöstlichem Zug über das mittlere Altmühlthal und oberhalb dessen
Mündung in die Donau (bei den riesigen Ringwällen von Kehlheim) nach Abusina,
der auf beiden Ufern der Donau gelegenen großen Römcrstadt. Bon den in unserem
Schwarzwaldkreis von der Straße berührten Hauptrömerplätzen ist wohl nur einer
eine Neugründung der Römer, nämlich jenes Arae Flaviae bei Unter-Jflingen im
Oberamt Freudenstadt, alle übrigen, nämlich Rottweil, Rottenburg, Herrenberg, Böb
lingen, Cannstatt, müssen als vorrömische Keltenstädte angenommen werden und sind
bis auf den heutigen Tag wichtige Städte geblieben, während die römische Neu
gründung Arae Flaviae wieder in Waldwildnis zurückversunken ist. Da fast lauter
Keltenstädte durch die Straße, die eine militärische Bedeutung hatte, verbunden wurden,
so müssen Strecken von ihr schon alte Keltenstraßen gewesen sein; wie gewiß die
Strecke von Rottenburg über Herrenberg nach Böblingen und weiter nach Cannstatt,
welche Straße auch nachher im Mittelalter im Herrenberger Gäu als „Königsstraße"
fortlebt. Näheres siehe bei den einzelnen Oberämtern.
Die auf die römische folgende alemannische Zeit zeigt in den sog. Reihen
gräbern eine überraschende Menge prächtiger Waffenstücke und Schmucksachen. Aber
'auch Bauwerke aus dieser Zeit vermag der Bezirk zu zeigen. Die Veste Hvhen-
neuffen reicht mit ihren Ringmauern und ihren drei riesigen Rundtürmen in die Zeit
des großen Ostgotenkönigs und Alemannenbeschirmers Theoderich (um 500), und
das Kirchlein in Wannweil OA. Reutlingen in die Tage der letzten Ausläufer der
alemannischen Volksherzoge, in die der Kammerboten Erchanger und Berthold (hin
gerichtet 917) zurück. Im elften Jahrhundert bildet dann die Brücke zur Hirsauer
Kunst hinüber das Kirchlein zu Burgfelden OA. Balingen mit seinen großartigen
Wandgemälden, eine uralte Zollernstiftung. Das Christentum drang mühsam und
von den hartköpfigen Alemannen noch lange mit altheidnischen Gebräuchen vermischt
im achten Jahrhundert von St. Gallen und Reichenau (Konstanz) herein. In ältesten
kirchlichen Schenkungen erscheinen urkundlich Thalheim (765), Glatten, Dornstetten,
Leeburg und -vrailfingen, Bildechingen, Eutingen (767). — Der Entwicklung der
mittelalterlichen Kunst ist schon oben gedacht; neueste Entdeckungen lassen auch über