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Schwarzwaldkreis. Oberamt Calw.
rechteckiger Abtreppung. Zwei davon sind an der Nvrdseite noch erhalten und in
ihrer Strenge von mächtiger Wirkung. Ganz erhalten ist der nördliche Turm; in
sechs Geschossen steigt er auf, an den drei unteren belebt durch Blendnischen; die drei
obersten Stockwerke werden durchbrochen von je acht luftigen, in der Mitte gesausten
Rundbogendoppelfenstern. Gliederungen und Verhältnisse sind ungemein zart, zeugen
von einem nicht gewöhnlichen Verständnis. Der Turm gehört, trotz seiner Einfachheit,
zu den allerschönsten unseres Landes.
Eine der wichtigsten weiteren Arbeiten Abt Wilhelms war dann der Bau von
Beuediktinerkloster und Kirche Zwiefalten, 1089—1109, wo Wilhelm selbst als
geschickter Maßkünstler die Plätze zu den künftigen Gebäuden abstach und den Bau
anordnete. Wie es heißt in der fast gleichzeitigen Zwiefaltcr Chronik (1138) des
Mönches Berthold: Williehmis propriis manibus, quia in tali negotio peritissimus
erat, cepit monastrium metiri et caeteras offlcinas pulcbre et prudenter dis-
ponere. Ähnliches wird von Abt Wilhelm berichtet durch Trithemius bei der Gründung
des Klosters Sankt Georgen im Schwarzwald: locum personaliter accessit, for-
mam ac modum construendi monasterii praescripsit ac de suis inonachis aliquos
in adjutores deputavit. Bekanntlich wurde aber in der ersten Hälfte des vorigen
Jahrhunderts die Zwiefalter Basilika Abt Wilhelms durch einen großartigen Neubau
ersetzt. Zum Glücke gelangte der Verfasser in Besitz der Grundrisse (des unteren und
oberen) der alten Klosterkirche, die vor dem Abbruch derselben aufgenommen
wurden; mit Hilfe ihrer lassen sich die Umrisse der alten Kirche und die bis jetzt
ziemlich dunkel wirkenden Beschreibungen von derselben richtig stellen. Die Anlage,
entschieden den kühnen Geist Wilhelms atmend, ist wieder großartig-streng, aber stark
abweichend vom Hirsauer Bau. Da nämlich das Kloster Zwiefalten ursprünglich
ein Mönchs- und ein Frauenkloster unter einem Dach vereinigte, so tvurde die Kirche
angelegt als eine Doppelkirche. Und zwar stand die größere, die Mönchskirche
gegen Abend, die Nonncnkirche gegen Morgen. Die Mönchskirchc, das eigentliche
Münster, war wieder eine dreischiffige Säuleubasilika mit Querschiff und geradem
dreischiffigem Chor, im Westen eine Borhalle in der Breite des Mittelschiffes. Die
Nouneukirche lag im zweiten Stockwerk, in der Verlängerung und in der Breite des
Mittelschiffes. Zu beiden Seiten liefen die Nebenchöre bis an zwei mächtige Ost
türme. Die ganze äußere Länge betrug gegen 300 Fuß. — Eine sichere Gründung
und höchst selbständige und wirksame Schöpfung Abt Wilhelms, 1082—1085, ist
feiner die des Klosters Reichen dach im Murgthal im Schwarzwald; eine weite
einschiffige Basilika mit halbrunder Mittel-Apside und zwei schlanken Osttürmen,
zwischen denen sich ein halbrundes Tonnengewölbe spannt, und in welche sich gegen
Osten kleine halbrunde Apsiden einkcrfen; ein kühner Gedanke, nur ein Schiff, mit
hohen Oberlichtern und der reichen Entwicklung nach Osten. Die Kirche ist außen
wieder viermal so lang als breit. Näheres s. unten im Oberamt Freudenstadt. Eine
ganz ähnliche Anlage zeigt die Kirche in Altstadt-Nvttweil, mit vortrefflichem
Mauerwerk im Hauptschiff. Dann geht, im Entwurf wenigstens, auf Abt Wilhelm
zurück die Kirche zu Neckarthailsingen, um 1090. Eine dreischiffige Säulen-
basilika mit tonnengewölbter Vorhalle zwischen zwei Westtürmen, die drei Schisse
schließen außen rechteckig, innen halbrund. Immer wieder das Wirken mit Einspannen