64 Schwarzwaldkreis. Oberamt Calw.
m Wilhelm unverweilt zur Ausführung seiner Pläne und führte auf den Rat des
päpstlichen Legaten Abt Bernhards von Marseille, welcher sich 1077 ein ganzes Jahr
lang bei ihm aufhielt, eine Klosterordnung ein, in welcher er die Benediktinerregel
von Clugny den besonderen Bedürfnissen Hirsaus und der schwäbischen Benediktiner-
klöster überhaupt anpaßte, und führte zuerst auch in Deutschland das Institut der
Laienbrüder (Conversi) oder Bartlinge (Barbati)
eilt, einer Art Halbmönche, welche ihren eigenen
Meister und ihre Statuten hatten, als Knechte und
Taglöhner, wie als Handwerker jeder Art dem
Kloster Dienste thaten und zum Teil auch zu
seinen Kunstarbeiten verwendet wurden. An sie
schlossen sich die sog. Geschenkten (Donati, Ob-
lati) an, Leute von beiderlei Geschlecht, welche
zwar ihre weltliche Kleidung forttrugen und nicht
.,. _ _ j im Kloster wohnten, sich aber ganz dem Dienste
desselben widmeten und vornehmlich solche Arbeiten
übernahmen, die man auch den Laienbrüdern
nicht gerne überließ, weil sie dadurch zu viel |
unter die Weltleute gekommen wären. Sic hatten
ebenfalls ihren besonderen Meister und Speiscsaal, l
ihren Namen aber daher, daß sie sich freiwillig
dem Kloster hingaben. Mit ihrer und der Laien
brüder Hilfe vornehmlich, zugleich von Adeligen
und Reichen, besonders von Judith, der Witwe
des Markgrafen Hermann von Baden, unterstützt,
begann Abt Wilhelm auf einer Anhöhe am west-I
lichen Ufer der Nagold 1083 den Neubau des
Klosters, den nicht nur die Zahl der Bewohn»i
desselben (150 Mönche und 60 Laienbrüder und
neben ihnen 50 Geschenkte), sondern auch die
niedere, häufigen Überschwemmungen ausgesetzte
Lage des bisherigen Klostergebüudes nötig machte.!
Er erlebte auch noch die Einweihung der neuen,!
den Aposteln Petrus und Paulus geweihten Kloster
kirche (den 2. Mai 1091), starb aber, noch eße
Hirsau. Aureliuskirche, Bodenfliese. die Klösterlinge aus dem alten Kloster, in welchem
nur ein Prior mit 12 Mönchen zurückblieb, ins
neue einzogen. Wilhelm war einer der ausgezeichnetsten Männer seiner Zeit, ange
sehen nicht nur in Deutschland, sondern auch im Ausland, die treueste und festeste |
■£>tütie des päpstlichen Stuhles in Schwaben, weswegen er freilich auch von Kaiser
Heinrich IV. und seinen Anhängern, wie von Bischof Werner von Straßburg im
^ahre 1077 (Bart/ Hon. 14, 222) manches zu leiden hatte, dagegen dem Gegcn-
könige Rudolf, welcher allhier Pfingsten 1077 feierte, Güterschenkungen verdankte
(tocl. Hirs. 26 a). Er hatte ein ehrfurchtgebietendes Äußeres, eine starke Stimme