Full text: Deutsche Konkurrenzen (1908, Bd. 23, Nr. 265/276)

  
  
  
  
  
  
  
  
  
Aus dem Ausschreiben, 
Als Bauplatz ist das aus dem Lageplan ersichtliche, zwischen der Wertherstrasse und der grossen 
Flurstrasse gelegene Terrain (durch strichpunktierte Linie begrenzt) in Aussicht genommen, Das alte Rat- 
haus, das alte Amtshaus und die Markthalle, sowie die an dem Heubruch gelegenen Häuser Nr. 6, 8, 10 
und 12 sollen jetzt oder später niedergelegt und das gewonnene Terrain zum Rathausbau hinzugezogen 
werden. Die Wegnerstrasse ist bis zur Ref, Kirchstrasse zu verlängern. Die in dem Lageplan angegebenen 
und als solche näher bezeichneten Baufluchten an der Wertherstrasse und dem Heubruch dürfen nicht 
überschritten werden, 
Der Neubau soll sich an das jetzige Rathaus, das als ein Bestandteil des ganzen Baues bei- 
zubehalten ist, anschliessen. Der südliche Kopfbau des letzteren kann, sofern sich ein organischer Zu 
sammenhang mit dem Neubau nicht ermöglichen lässt, abgebrochen werden. Angenommen ist vorläufig 
eine Grundrissanordnung: Der Hauptbau nördlich der verlängerten Wegnerstrasse gelegen und an diesem 
anschliessend zu beiden Seiten Flügelbauten, durch die die Wegnerstrasse hindurchzuführen wäre. De 
hierdurch‘ gebildete Vorplatz kann mit gärtnerischen Anlagen versehen werden. Eine Verlegung des Bismarck- 
Denkmals ist zulässig. 
Der nördlich von dieser Grundrissanordnung gelegene Neumarkt mit grossem Baumbestand soll 
vorläufig für die Zwecke des Wochenmarktes erhalten bleiben und mit der Wegnerstrasse, bezw. mit deı 
Hauptverkehrsader, der Wertherstrasse, durch eine Strassenunterführung in Verbindung gebracht werden. 
Der Neumarkt soll später zur Erweiterung des Rathauses dienen und ist darauf Bedacht zu nehmen, dass 
die Möglichkeit zu einem organisch sich anschliessenden Erweiterungsbau, in welchem noch mindestens 
40 Prozent der jetzt verlangten Räume untergebracht werden können, gewahrt wird. Die Erweiterung ist 
im Lageplan einzuzeichnen. 
Die angedeutete Lösung soll keineswegs für den Wettbewerb bindend sein, es bleibt vielmehr den 
Bewerbern überlassen, eine andere geeignete Grundrissgruppierung vorzuschlagen. 
Das Rathaus soll ausser dem Untergeschosse und dem Dachgeschosse ein Erdgeschoss und nicht 
mehr als 3 Obergeschosse (etwaiges Zwischengeschoss eingerechnet) erhalten. Aufbauten über dem 
Hauptgesimse, Giebel, Türme und dergleichen sind zulässig. Das Dachgeschoss kann teilweise zur Unter- 
bringung von Bureauräumen, wie Zeichensälen und dergleichen mit verwendet werden. 
Die an der Wertherstrasse gelegenen und sich bis zur Wegnerstrasse hin erstreckenden Flügel- 
bauten sind im Erdgeschoss für Geschäftsläden zu bestimmen, über welchen ein Zwischengeschoss (zu den 
Läden gehörend) angeordnet werden kann, Auch in dem an dem Heubruch angrenzenden Gebäudeteil 
sind nach Möglichkeit im Erdgeschoss Läden vorzusehen. 
Ungeachtet dieser Anordnung von Läden muss die Architektur des Neubaues den Charakter eines 
Rathauses deutlich zum Ausdruck bringen. 
Eine Anlehnung an die Formen des jetzigen Rathauses ist hierbei nicht geboten, 
Der gotische Stil soll ausgeschlossen bleiben; Backsteinbau ist jedenfalls an den Vorderfronten 
zu vermeiden; weitere Vorschriften über die Wahl des Baustils werden nicht gegeben, doch wird eine 
vornehme Einfachheit und Vermeidung von unnötigem Luxus gewünscht. 
Bei der Raumverteilung ist tunlichst darauf Rücksicht zu nehmen, dass die Stadtkasse, das Melde- 
amt und die Armenverwaltung im Erdgeschoss des Neubaues oder des jetzigen Rathauses untergebracht 
werden. Die übrigen dem Verkehr mit dem Publikum dienenden Räume, wie die polizeilichen Abtei- 
lungen usw. sollen, soweit sie nicht ebenfalls im Erdgeschoss Platz finden können, ins I. Obergeschoss 
gelegt werden, ebenfalls die Hauptverwaltung. Der Stadtverordnetensitzungssaal muss in den Hauptteil 
des Neubaues verlegt werden. Das Stadtbauamt kann im II. und III. Obergeschoss bezw. im Dachgeschoss 
angeordnet werden. Die übrigen Verwaltungszweige und Bureaus sind auf die verschiedenen Geschosse 
je nach ihrer Zusammengehörigkeit zu verteilen, 
Im Untergeschoss des Neubaues ist eine grössere Ratskellerwirtschaft mit den erforderlichen 
Nebenräumen und eine Wohnung für den Wirt, sowie die Wohnung des Hausmeisters vorzusehen. 
Ausserdem sind im Untergeschoss oder in einem Kellergeschoss die Räume für die Sammel- 
heizung und zur Aufbewahrung von Brennmaterial anzuordnen. Aborte, Pissoire und Waschtoiletten sind 
in allen Geschossen in genügender Zahl vorzusehen, 
Wünschenswert erscheint es in allen Geschossen Botenzimmer einzurichten, welche mit der Boten- 
meisterei durch einen Aufzug in Verbindung stehen. 
Für den Oberbürgermeister ist eine Dienstwohnung vorzusehen, die aus 12 Zimmern, Küche, Bad 
und Zubehör bestehen soll. Dieselbe soll im ersten Obergeschoss des Rathauses, wenn möglich an das 
Amtszimmer des Oberbürgermeisters anschliessend, untergebracht werden. Der zur Wohnung führende 
Zugang bezw. die Treppe muss von den übrigen Zugängen getrennt angelegt werden. Sollte sich heraus- 
stellen, dass die Unterbringung der Wohnung im I. Obergeschoss mit der Anordnung der Geschäftsräume 
nicht in zweckmässiger Weise sich vereinigen lässt, so ist es zulässig, dieselbe in einem besonderen Anbau 
anzuordnen. Wenn tunlich, ist auf die Anlage eines Gartens für diese Wohnung Bedacht zu nehmen. 
  
  
 
	        

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