19 Dichter, diesen aber eher einen Naturforscher nennen sollte.« 12 In das griechi sche Wort ipvaioXoyog geht der Begriff Xoyog ein, und wenn man dazu eine weitere kleine Stelle der »Poetik« heranzieht, tritt der Sinn einer Unterschei dung zwischen den Begriffen noielv und Xeyeiv (sagen), /lifirjoig und Xdyog, hervor, der darauf hinweist, daß der Begriff >Dichtung< für Aristoteles aus schließlich durch Darstellung, Gestaltung handelnder Menschen gedeckt war, nicht aber schon durch eine wie immer >dichterische< metrische >Aussage<. Nicht zufällig wird dies Problem ihm bei der erzählenden Dichtung< akut. Er tadelt es, wenn ein Epiker »in eigener Person« (avxöv) redet, statt handelnde Personen mimetisch zu gestalten. »Ein Dichter soll so wenig wie möglich selbst (in eigener Person) reden, denn tut er dies, ist er kein /ußrjxrig.« 13 Und er lobt Homer als den einzigen Epiker, der dies Gesetz der noir\aig erfüllt hat, nämlich nach einer kurzen Einleitung sogleich einen Mann oder eine Frau auftreten lasse, die reden 14 . Die Ausschließung nicht-mimetischer »Dichtung« (wie wir mit Hinsicht auf Aristoteles in Anführungsstrichen sagen müssen) aus der noirjoig kann als Ansatz der Einsicht aufgefaßt werden, daß eine Dichtungsform, die keine Handlung bzw. handelnde Menschen »macht« (noiei) — wir dürfen sagen keine fiktiven, im Modus der /xl/xr/aig und nicht der Wirklichkeit lebenden Menschen erschafft —, in einem anderen Gebiete dessen angesiedelt ist, was wir heute als das gesamte Dichtungssystem bezeichnen. Es wird sich in unseren Untersuchungen zeigen, welche Bedeutung dieser Unterschied, den wir durch die Begriffe der fiktionalen oder mimetischen und der lyrischen Dichtung be zeichnen werden, für die logische Struktur des Dichtungssystems und damit für die Phänomenologie der Dichtungsgattungen hat. Wenn die Begriffsbildung Dichtung und Wirklichkeit auch im Begriffe der /xi/irjatg enthalten ist, so ist sie doch für Aristoteles nicht eigentlich thematisch geworden. Aber es liegt in der Natur des freilich nicht explizit und bewußt 12 ot äv&gconoi ye avvdnxovxeg xw fiexnq) xd noielv ¿Xeyeionoiovg xovg de enonoiovg Ovo/iaCovoiv, ovy cog xaxä xijv [ti/irjOiv noiryzäg idX.Xd xoivfj xaxä xd plxoov nQoaayogev- ovxeg . . . ovöev de xoivov eoxiv 'Ofir/Qcp xai "E/xnedoxXel TiXr/v xd /iexqov, dio xov fiev noirjxr]v äixaiov y.aAelv, xdv de ipvatoÄoyov ¡xdXXov 17 noirjxrjv (1447 b ). Auch Koller hebt diesen Satz hervor, ohne jedoch eine Verbindung von Mimesis mit Poiesis herzustellen. Aber er betont gleichfalls, daß Aristoteles in der Mimesis das begriffliche Instrument gefunden habe, »echte Dichtung von Scheindichtung zu scheiden, denn bei der bisherigen Gewohnheit, das Metrum als entscheidendes Merkmal zu verwenden, würde das Lehrgedicht, das keine Dichtung ist, darunter fallen, während die Prosadichtung ausgeschaltet wäre. Dies erkannt zu haben, ist die große Tat des Aristoteles« (a. a. O., S. 106). 13 avxov ydo del xdv noirjzrjv ¿X.dyjaxa Xeyeiv. ov yaQ eaxi xaxä xavxa i-iLiirjxr)g (1460“). 14 Ebd.