vollständig von dem Sinn zu trennen ist, den ihre Worte und Sätze außerdem noch als theoretischen Sinn zum Ausdruck bringen können« 26 ? In der Tat ist das von Hegel schon scharf ins Auge gefaßte Problem des Ortes der Dichtung im allgemeinen Sprachsystem, damit aber auch das spezifi sche Wirklichkeitsproblem, das für die Dichtung relevant ist, nicht gelöst, wenn man auf eine so diktatorische, einfach festsetzende Weise wie Croces die Sprache, genauer: den Bedeutungsgehalt der Sprache durch den Kontext be stimmt, in dem Aussagen und Wörter stehen. Gewiß hat, wie wir sehen wer den, der Kontext eine große, entscheidende Bedeutung für die Bestimmung der Dichtungsformen und -arten. Aber diese Bedeutung kann nicht einfach >verliehen<, durch irgendeine willkürliche Etikette wie den Begriff der Ex pression angegeben werden, sondern geht erst aus einer genauen Beobachtung der Sprachfunktionen hervor. Ein solches Verfahren liegt in dem bekannten Buche Roman Ingardens »Das literarische Kunstwerk« vor, das auf der Basis der Husserlschen Urteils lehre, also einer ontologisch-phänomenologischen Erkenntnistheorie, die Seinsweise der Dichtung von der >Prosa< der Wirklichkeitsaussage zu scheiden sucht. Das Hegelsche Problem (auf das auch hier nicht Bezug genommen wird) tritt hier prägnanter als bei Croce hervor, weil auch hier das Vorstellungs system, d. i. die transzendentale Beziehung des Vorstellens auf die (>seinsauto- nome<) Wirklichkeit die Basis des Urteilssystems ist. Dennoch kommt auch Ingarden letztlich nicht über eine Etikettierung der hier vorliegenden Denk- und Sprachphänomene hinaus; und wenn Croce Etiketten mit zu weiten Be griffen hat, so ist bei Ingarden der unterscheidende Begriff zu eng gefaßt — und zwar selbst dann, wenn der Begriff >literarisches Kunstwerk< nur auf die epische und dramatische Dichtung angewandt wird (wie es in dem Buche allzu stillschweigend vorausgesetzt wird, jedenfalls nur der englischen Terminologie angeglichen ist). Es handelt sich um nichts anderes als den Nachweis des Phäno mens und des Erlebnisses der >Nicht-Wirklichkeit< dieser Dichtungsarten. Doch zu diesem Nachweis bedient sich Ingarden eines Erkenntnisinstrumentes, das zum mindesten sich als wenig kräftig erweist, nämlich des Begriffes des >Quasi- Urteils« Dieser Begriff geht aus der phänomenologischen Lehre von den >inten- tionalen Gegenständem hervor. Doch unterscheidet diese zwischen bloß inten tionalem und >rein intentionalem Gegenständen. >Rein intentionak bedeutet die Vorstellung eines (realen oder idealen) Gegenstandes als solche, genauer einen vorgestellten Sachverhalt, der noch nicht zum Gegenstand eines >Ur- 26 26 H. Rickert, Goethes Faust, Tübingen 1932, S. 23 24